Erik der Rote - Schiff und Schwert. Preben Mørkbak

Erik der Rote - Schiff und Schwert - Preben Mørkbak


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gäbe. Doch erhielt er mit dem Hinweis auch zugleich Warnungen vor der gefährlichen Reise, die vor ihm und seinem Schiff läge.

      Man warnte ihn davor, dass Eis auf dem Weg in das Nordmeer sei und der einzig mögliche Siedlungsplatz, soweit man dies in Reykjaholt einschätzen könne, sei oben an den nördlichen Stränden zu finden. Sie sollten nach Schild-Bjarne in der gleichnamigen Bucht Ausschau halten, doch wenn sie in diese Gegend kämen, müssten sie mit einem Kampf ihrer Knorr gegen Wind, Eis und ihren Mut rechnen. Zudem müsse Torvald wissen, dass Schild-Bjarne aufbrausend und eigensinnig sein könne. Er lasse einen ohne weiteres Gastfreundschaft zuteilwerden, verstecke aber auch unermessliche Kostbarkeiten und scharfe Klingen. All sein Hab und Gut habe er Gerüchten zufolge im Ausland erworben. Mit diesem dicken Bündel an Warnungen verabschiedete sich der Bauer auf Reykjaholt von ihnen und wünschte ihnen eine gute Reise. Zwei Knechte vom Hof gingen mit an Bord, um die Fahrt zu begleiten und beim Manövrieren behilflich zu sein.

      Torvald segelte nun nach Westen, vorbei an der Mündung des Hvammsfjords und hinaus aus den Breiðafjord, vorbei an all den kleinen Inseln. Unterwegs hatten die beiden Knechte ehrfürchtig auf eine unscheinbare Insel gedeutet, die sie Flatey nannten. Sie erklärten, dass just von dort große Entdeckungen der Schifffahrt in die unbekannten Gewässer der Welt gestartet seien, da die Leute auf der Insel die Geheimnisse des Leitsterns kannten.

      Bei dieser Bemerkung zog Erik seine braunroten Brauen nach oben. Er registrierte Torhals Blick und versicherte ihm mit einem kurzen Nicken, dass dieses Fleckchen von einer Insel es wert sei, sich seiner zu erinnern.

      Die beiden Knechte aus Reykjaholt lenkten sie danach gen Norden. Einige Tage lang segelten sie an zahlreichen Fjorden vorbei, die sich in eine alles andere als einladende Landschaft schnitten. Die Knorr wurde um Landspitzen und Fjordmündungen herum manövriert. Die Burschen von dem Hof zählten die Namen der Fahrgewässer und Berge auf. Dies alles wurde von Torhal und Ulf sorgfältig einem Platz in ihrem Gedächtnis anvertraut.

      Den Namen Ísafjord merkten sie sich besonders gut. Die Knechte berichteten von den riesigen Eismassen, die niemals schmolzen. Zudem erklärten sie, dass es ein Nachkomme von Ulf Krake war, der drinnen am Fjord Land genommen hatte. Nach Krakes Sohn, Gunnbjørn, waren die sonderbaren Klippen weit draußen im Westen im Eismeer benannt. Seine Söhne wohnten jetzt auf dem Hof.

      Die Kerle wiesen anschließend das Schiff an, nordwärts zu fahren. Außerhalb des Ísafjords mussten sie ihren Kurs östlich fortsetzen und dabei eine schroffe Landzunge mit Eiskappen umrunden. In den östlich gelegenen Fjorden auf der anderen Seite könne es möglich sein, grünes Land zu finden.

      Torvald erkundigte sich nach den Eismassen, auf die sie draußen im Sund gestoßen waren. Er kannte ähnliches aus dem Sognefjord in Norwegen nördlich von Jæren. Er wollte indes alles über den Zusammenhang von Eis und den Möglichkeiten an Land wissen. Außerdem war er damit beschäftigt, ob in diesen großen Klumpen Eis natürliche oder unnatürliche Kräfte hausten. Soweit die Kerle wussten, war da nichts Unnatürliches an ihnen, schließlich gab es viele dieser Gletscher in Island. Es verhielt sich nur so, dass die Witterung in diesen nördlichen Winkeln derart beschaffen war, dass das Eis von einem Jahr zum nächsten liegen blieb.

      Diese Bemerkung löste an Bord der leidgeprüften Knorr wahrlich keine Jubelschreie aus. Ulf meinte jedoch zu wissen, dass die Eisberge in Norwegen ein Vorwärtskommen nicht behinderten. Dies beruhigte die Besatzung ein wenig. In einem Versuch, diesen schwachen Trost zu verstärken, erzählte einer der Kerle aus Reykjaholt nun weiter von den Nordstränden.

      - Schild-Bjarne hat ebenfalls diese Fahrt um die Nehrung gemacht. Dem Geschwätz aus Breiðafjord zufolge segelte er mit einem mächtigen und schildbestückten Schiff. Nun wohnt er ja an diesem Fjord, dem er seinen eigenen Namen gab. Er ist aber ein solch mächtiger Mann, dass er sogar einem breiteren und mit Gras gesäumten Fjord weiter im Süden seinen Namen gab.

      Dies ließ den anderen Burschen fortfahren.

      - Und außerdem war er friedlos, als er hier ins Land kam.

      Durch alle auf dem Schiff lief ein Schauer, der so kalt wie ein Gletscher an Land war. Nur Ulf schauderte es nicht, doch im Gegenzug fiel ihm wie einem Tölpel der Unterkiefer auf die Brust.

      Torvald setzte umgehend zur Widerrede an.

      - Ja, der Frieden sitzt locker in Norwegen. Und da ist es nur recht, wenn dieser Schild-Bjarne mit seinen guten Klingen das Geblüt kennt, das sich in seinem Gras herumtreibt. Das haben die meisten, die nicht Anhänger des Königs sind, erlebt.

      Erik trat zwei Schritte auf seinen Vater zu und wandte sich an die Knechte. Er hatte einen stechenden und wilden Blick. Noch war er jung, doch er sah furchteinflößend aus. Augenblicklich erfasste die Spannung jedwede Faser der Menschen an Bord, und selbst seinem Freund und Gefolgsmann Torhal drehte sich der Magen um, als sich Erik an die einfach gekleideten Knechte richtete:

      - Zieht ruhig zu Fuß heim nach Reykjaholt und berichtet über dem lauwarmen Brei sitzend, dass hier Torvald Asvaldsson und sein Sohn aus Axt-Torers Geschlecht nach Norden segeln. Und dass sie auch diesmal nicht vor jemandem zurückweichen – sei es vor dem König oder einem Wikinger mit verzierten Schilden an seinem Schiff.

      Dabei blieb es. Torvald brummelte etwas in seinen breiten Bart, was aber keiner hörte. Mit der flachen Hand schubste er Erik vom Platz am Steuerruder hinunter. Nicht in zorniger Weise, sondern vielmehr, als würde er seinem Hund in einem abwesenden Moment einen Klaps versetzen.

      Kurze Zeit später fesselte etwas anderes ihre Aufmerksamkeit. Die Erzählungen über das Eis im Nordmeer waren nicht untertrieben. Die See war zwar schiffbar, aber nicht viel mehr. Dennoch kamen sie voran, beinah aus Trotz. Und als sie dann noch einige Tage weiter segelten und mehrere Landspitzen und Klippen umschifft hatten, kamen sie endlich zu Bjarne.

      Es zeigte sich, dass er ganz anders als sein Ruf war. Ganz gewiss war er jedoch einer der größten Menschen, die Erik in seinem Leben gesehen hatte. Bjarne hatte helles Haar, einen roten Bart und Hände wie Ruderblätter und er besaß noch alle Zähne. Er lachte gerne und hatte für die Leute im Breiðafjord und ihren bäuerlichen Übereifer nur ein höhnisches Grinsen übrig.

      - Ja, dort unten beobachtet jeder den anderen. So, als säßen sie im Scheißhaus.

      Schild-Bjarne setzte ein breites Grinsen auf. Um ihn herum standen seine Knechte, die von ihrer Statur und ihrem Aussehen ganz anders waren als diejenigen, die Erik auf den Höfen im Breiðafjord gesehen hatte. Trotz ihrer Größe wirkten sie weniger von der Gegenwart des Großbauers eingeschüchtert. Sie standen ebenbürtig um ihn herum. Doch konnte jeder sehen, dass keiner von ihnen daran zweifelte, wer das Wort führte. Und Erik bemerkte, dass sie alle ihre Waffen sichtbar trugen.

      - Torvald Asvaldsson, kennst du meinen guten Freund Thor, der mich in vielem berät und an der Seite der Ehrbaren steht?

      Es war Schild-Bjarne, der sich unerwartet und direkt an ihn wandte. Torvald antwortete zustimmend und mit hörbarer Zufriedenheit, die ihre Übereinstimmung unterstrich.

      - Er ist ein ebenso guter Freund von mir.

      - Das klingt nach einem guten Anfang. Daher lasst mich sagen: In diesen Gegenden brauchen wir die Vorsehung und Einsicht des Rotbärtigen. Sollte es deine Absicht sein, dich hier niederzulassen, so vertraue auf ihn. Sonst wird es dir weniger gut ergehen.

      - Dies ist meine Absicht, Bjarne.

      Schild-Bjarne riet ihnen dann, dass sie nach ein paar Tagesreisen die etwas südlich vom Fjord gelegenen Inseln und dessen kleinen Hof umfahren sollten. Draußen im Meer sollten sie die Stöcke mit Thors Antlitz ins Wasser werfen und ihnen dorthin folgen, wo sie angeschwemmt würden. Auf diese Weise werde Torvald zu dem besten Platz für seinen Hof geführt.

      - Aber beratschlage dich mit deinem Freund Thor, damit die Stöcke nicht unten am Húnaflóifjord angetrieben werden. Ich kann dir nämlich sagen, dass dort teilweise Leute leben, die es daheim im Breiðafjord nicht schafften. Und diese Sorte Mensch ist am schlimmsten.

      - Wir lassen uns von Thor guten Rat geben, antwortete Torvald.

      - Wenn du eine Feuerstelle auf deinem Grundstück


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