Petra und der Reiterhof. Torbjörg Hagström

Petra und der Reiterhof - Torbjörg Hagström


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waren? Für sie war Astrid zu einer ihrer besten Freundinnen geworden, und sie konnte nicht verstehen, warum Klaus so abfällig von ihr sprach. Man mußte Astrid doch einfach gernhaben!

      Wahrscheinlich hatte er sich sehr auf diesen Badeausflug gefreut und vielleicht sogar irgendeine Überraschung geplant. Nein, es hatte keinen Sinn, sich deshalb den Kopf zu zerbrechen!

      Ohne es zu wissen, ergriff Petra vor sich selbst für KlausPartei und verteidigte ihn.

      Keines der Mädchen kannte den Anlaß für Herrn Johansons Anwesenheit bei der Reitstunde, doch noch am gleichen Abend klingelte bei Granbergs das Telefon. Petra ging an den Apparat.

      „Hallo, hier ist Astrid! Weißt du, was passiert ist?“ fragte das blinde Mädchen atemlos. „Du errätst es nie! Ich soll ein eigenes Pony bekommen! Lena darf es natürlich auch reiten, aber mir soll’s gehören. Willst du mitkommen, wenn wir eines aussuchen, Petra? Wir wissen ja nicht so genau über Pferde Bescheid, keiner von uns, und du könntest uns vielleicht ein paar gute Tips geben.“

      „Du, das ist ja prima!“ rief Petra, als sie endlich zu Wort kam. „Klar komme ich mit! Aber ehe ihr euch endgültig entscheidet, solltet ihr jemanden fragen, der noch mehr Ahnung von Pferden hat als ich – Karin zum Beispiel.“

      Wenige Tage später saß Petra im Auto der Familie Johanson. Sie waren auf dem Weg zu einem Bauernhof, um sich ein Pony anzusehen. „Zuerst wollen wir ein Gotlandpony besichtigen“, sagte Astrids Vater. „Und wenn uns das nicht gefällt, sehen wir uns ein paar … Tja, ich habe vergessen, wie die Rasse heißt, aber es handelt sich jedenfalls um irische Ponys.“

      „Connemaraponys?“ fragte Petra.

      „Ja, genau. Die sind viel teurer als die Gotlandponys; weshalb, weiß ich nicht.“

      „Aber laß dich davon nicht beeinflussen, Astrid!“ sagte Frau Johanson. „Du sollst das Pony nehmen, das du am liebsten magst, das ist die Hauptsache.“

      „Und es soll ruhig und verläßlich sein“, fügte Herr Johanson hinzu.

      „Ich möchte eines, das so wie Svala ist“, erklärte Astrid.

      Lena sagte gar nichts, doch ihre Augen glänzten erwartungsvoll.

      Am späten Vormittag waren sie am Ziel. Der Besitzer des Hofes hieß sie herzlich willkommen und sagte: „Tja, dann sehen wir uns das Pony wohl gleich mal an. Es steht im Stall. Hier entlang, bitte schön!“

      „Wie heißt es?“ fragte Lena.

      „Corny. Es ist zehn Jahre, gerade alt genug, um ruhig und vernünftig zu sein.“

      Ein Pferd kann auch vernünftig und ruhig sein, wenn es jünger ist, dachte Petra. Sie blieben vor der Box stehen, während der Hofbesitzer Sattel und Trense holte.

      „Wie sieht es aus, Petra?“ fragte Astrid.

      „Es hat schlanke, dunkle Beine, lebhafte Augen und eine dichte, ungebärdige Mähne. Es ist dunkelbraun und kleiner als Svala. Ich glaube nicht, daß es mich tragen könnte.“

      Der Hofbesitzer tauchte wieder auf. „Ihr Mädchen wollt sicher gleich Probereiten“, sagte er und ging in die Box.

      Das Pony schnappte nach ihm, als er den Sattel auflegte, und sträubte sich etwas gegen das Aufzäumen. Das war kein gutes Zeichen, denn Astrid brauchte ein Pferd, das weder biß noch ausschlug. Sie konnte ja nicht sehen, was das Tier tat. Mit einem tückischen Pony konnte ihr leicht etwas passieren.

      Vor dem Stall war eine kleine Weide, auf der Astrid Probereiten konnte. Sicherheitshalber ging Petra neben dem Pony her. Corny legte ein paar Meter im Mittelschritt zurück und blieb dann stehen. Doch Astrid schaffte es nicht, das Pferd zum Weitergehen zu bewegen.

      Nur mit Mühe gelang es Petra, das Pony endlich weiterzulocken. Dann versuchte Astrid, es zum Traben zu bringen, doch Corny blieb statt dessen stehen und preßte Astrids linkes Bein gegen den Zaun. Gereizt griff Petra nach der Trense und zog das Pony von der Weideumzäunung fort.

      „Es ist so widerspenstig“, klagte Astrid. „Ich glaube nicht, daß ich es haben will.“

      „Darf ich es mal versuchen?“ fragte Lena.

      „Klar, wenn du willst. Eigensinnig ist es schon, aber da muß der Reiter eben besonders willensstark sein“, sagte der Verkäufer rasch. „Mein Junge ist leider viel zu klein, um mit Corny fertigzuwerden. Ich selbst bin zu schwer für das Pony, aber ihr Mädchen habt ja gerade die richtige Größe. Ihr werdet Corny im Handumdrehen Schliff beibringen, und dann wird ein prima Reitpferd aus ihm, davon bin ich überzeugt.“

      Corny war ebenso störrisch, als Lena im Sattel saß. Doch dann gab sie dem Pony ein paar ordentliche Klapse und dann stürmte es wie der Blitz um die Weide. Plötzlich aber steckte es den Kopf zwischen die Vorderbeine und bockte. Lena flog wie ein Pfeil geradeaus und schlug einen perfekten Purzelbaum im Staub.

      „Lena, hast du dir weh getan?“ rief Frau Johanson entsetzt. „Das ist ein gefährliches Tier! Das können wir nicht kaufen!“

      Nach einem hastigen Abschied machten sie sich auf den Weg zu den Connemaraponys, die sie ebenfalls besichtigen wollten.

      „Hier muß es sein“, sagte Herr Johanson nach einer Weile und bog in einen schmalen Zufahrtsweg ein.

      „Oh, seht nur die Ponys!“ rief Lena. „Sind die nicht schön?“

      „Die Pferde sind auf einer großen Wiese neben der Straße“, erklärte Petra dem blinden Mädchen, „und sie laufen am Zaun entlang. Sie galoppieren mit gespitzten Ohren und fliegenden Mähnen und Schwänzen. Ihre Augen sind groß und dunkel und die Mäuler klein und gerundet. Dort ist ein Schimmel, und daneben ein hellbraunes Fohlen. Die Ponys sind größer als Svala und wirklich wunderschön.“

      Inhaberin des Gestüts war eine dicke, freundliche kleine Dame in Reithosen.

      „Für einen Anfänger würde ich unsere Stute ‚Silver Stream‘ empfehlen“ sagte sie. „Auch ‚Brown Boy‘ ist ruhig und gesittet, aber er ist erst drei Jahre alt und noch nicht richtig eingeritten.“

      Gemeinsam gingen sie zur Koppel.

      „Silver! Boy! Kommt her!“ rief die Dame.

      Zwei Ponys kamen leichtfüßig angetrabt.

      „Dürfen sie Zucker haben?“ fragte Lena.

      „Ja, etwas schon“, erwiderte die Besitzerin und griff nach den Halftern der beiden Jungpferde. „Sie bekommen meistens einen Leckerbissen; deshalb kommen sie auch so willig, wenn ich sie rufe.“

      Während Astrid und Lena die Ponys streichelten und ihnen Zucker gaben, betastete Petra die Beine der Pferde und sah sich ihre Hufe an. Die Ponys bliesen warme Luft auf die Hände der Mädchen und ließen sich geduldig untersuchen.

      „Wie lieb sie sind!“ sagte Astrid. „Darf ich sie reiten?“

      „Freilich. Einen Augenblick, ich hole Sattel und Trense.“

      Die freundliche Dame verschwand in Richtung Stall, der direkt an die Weide grenzte.

      „Was meinst du, Astrid? Wollen wir nicht eins von den beiden kaufen?“ sagte Lena. „Die sind doch so goldig!“

      „Erst müssen wir auf ihnen reiten“, erwiderte ihre Schwester vorsichtig.

      Doch sie mochte die beiden Ponys gern. Sie hatten so eine liebe und freundliche Art, die sie ein wenig an Svala erinnerte.

      „Ja, da hast du recht“, stimmte Petra zu. „Aber auf mich machen sie einen guten Eindruck. Sie sind edel und wohlerzogen.“

      Plötzlich überlegte Petra, ob die kleine Dame es wirklich schaffen konnte, gleich zwei Sättel zu tragen. Als sie jedoch zum Stall blickte, sah sie diese mit einer Schubkarre kommen.

      Astrid wollte zuerst die Schimmelstute ausprobieren, und Petra schwang sich auf Brown Boys Rücken.


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