Krebs beim Hund. Kerstin Piribauer
im Genom beeinflussen das Kommunikationssystem und die Signalwege der Körperzellen und bringen das physiologische Gleichgewicht von Zellteilung und geplantem Zelltod aus dem Takt.
Die Zelle ist der Grundbaustein jedweden Lebens. Alles Lebendige hat sich im Laufe der Evolution aus Mikroorganismen und Einzellern entwickelt, und jedes Leben basiert auf den gleichen grundlegenden biochemischen Prozessen – von Einzellern bis hin zu den komplexen Körperstrukturen des Hundes oder auch des Menschen. In diesen höher entwickelten Organismen schließen sich einzelne Zellen zu Zellverbänden zusammen, um sich letztlich in verschiedene Gewebearten auszudifferenzieren. Diese unterschiedlichen Zelltypen – Nervenzellen, Muskelzellen, Immunzellen und viele andere mehr – übernehmen in unserem Organismus ebenso wie in dem des Hundes vielfältige Aufgaben und sind für ihren jeweiligen Einsatz spezialisiert. Sie sind differenziert, um ihrem speziellen Einsatzgebiet gerecht zu werden, ob sie nun dem Stoffwechsel, der Immunabwehr oder der Fortpflanzung dienen. Jede Zelle funktioniert dabei als ein eigener in sich geschlossener Organismus und ist gleichzeitig Teil eines größeren Zellverbands: Die einzelne Zelle steht sozusagen als „Individuum“ in einem „gesellschaftlichen“ Kontext.
Jede Körperzelle macht im Laufe ihrer Entwicklung einen Differenzierungsprozess durch, der sie unverwechselbar einem bestimmten Gewebe zuordnet und der es ihr ermöglicht, dort ihre spezifische Aufgabe im Organismus zu erfüllen.
Trotz der unterschiedlichen Aufgabenstellungen und ihrer entsprechenden Differenzierung folgen alle Zellen einem identischen Grundaufbau: Sie bestehen aus dem Zellkern, der Kernmembran, die den Zellkern umschließt und ihn vom Zellplasma, das den Kern umgibt, abgrenzt, sowie der Zellmembran, die die äußere Grenze des Zellplasmas und damit der gesamten Zelle umfasst.
Unabhängig von ihrer Aufgabe und ihrem Wirkungsort sind die Bestandteile aller Zellen eines Organismus – Zellkern, Kernmembran, Zellplasma und Zellmembran – identisch.
Der Zellkern enthält auf den Chromosomen die Moleküle der DNA, die sozusagen als Speichermedium der genetischen Informationen den individuellen und einzigartigen genetischen Code dieses Organismus beinhaltet. Jede einzelne Körperzelle trägt so das gesamte Genom des Individuums in sich, aktiviert sind aber jeweils nur die Gene, die für die einzelne Zelle und ihre Aufgabe relevant sind. Alle anderen Gene wurden deaktiviert, das heißt ausgeschaltet, als die Zelle sich auf ihre spezifische Funktion in ihrem Gewebeverband vorbereitete und sich entsprechend ausdifferenzierte. Der aktive genetische Code bestimmt somit das Verhalten jeder einzelnen Zelle.
Das Zellplasma beinhaltet weitere wichtige Bestandteile der Zelle, beispielsweise die Mitochondrien, die oft auch als „Kraftwerke der Zelle“ bezeichnet werden. Hier werden Nährstoffe verbrannt, um die Energie zu gewinnen, die die Zelle zum Leben braucht. Auch die Ribosomen sind im Zellplasma angesiedelt. Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag bei der Übersetzung der genetischen Informationen aus dem Zellkern, um die Proteinproduktion zu starten.
Die Zellmembran schließlich stellt die Grenze zwischen dem Zellinneren und der „Außenwelt“ der Zelle dar. Wie ein Schutzwall umgibt sie den kleinen Organismus jeder einzelnen Zelle und enthält mit ihren unzähligen Rezeptoren zudem die wichtigste Grundlage für das Kommunikationssystem der Zellen.
Rezeptoren sind spezifische Moleküle, die der Zelle sozusagen als Empfangsstationen dienen und Botschaften der Außenwelt entgegennehmen. Diese Nachrichten erreichen die Zellmembran in Form von Antigenen, von Botenstoffen oder Wachstumsfaktoren. Von den entsprechenden passenden Rezeptoren erkannt, heften sie sich an die Zellmembran an. Der Rezeptor sendet nun ein erstes Signal in das Innere der Zelle und übersetzt damit die Botschaften und Informationen, die bei ihm angekommen sind, in Handlungsanweisungen für die Zelle. Dabei setzt das erste Startsignal des Rezeptors weitere Signalkaskaden im Zellinneren in Gang: Die Zelle ist aktiv geworden, produziert jetzt die der Aufgabenstellung entsprechenden Proteine oder bereitet ihre Teilung vor.
Die Rezeptoren auf der äußeren Zellmembran gehören zum Kommunikationssystem der Zelle und dienen als Empfangsstationen für Signale aus der Außenwelt.
Mit diesem Kommunikationssystem kann jede Zelle flexibel auf Veränderungen reagieren: auf Veränderungen im Gewebe, das die Zelle unmittelbar umgibt, ebenso wie auf veränderte Umweltbedingungen außerhalb des gesamten Organismus.
Antigene haben trotz der auffälligen sprachlichen Verwandtschaft nichts mit den Genen zu tun! Die Bezeichnung leitet sich von dem englischen Fachbegriff antibody generator – übersetzt Antikörper-Erzeuger – ab. Als Antigene werden vom Immunsystem somit als „fremd“ eingestufte Stoffe oder Moleküle bezeichnet, die mit den Rezeptoren der Immunzellen in Kontakt treten, mit ihnen kommunizieren und interagieren und in der Folge eine Antikörperproduktion in Gang setzen.
Wir haben die Zellen als Grundbausteine der unterschiedlichen Gewebearten und des Lebens kennengelernt. Die Proteine sind nun sozusagen ihr Baumaterial. Proteine sind ein Zusammenschluss verschiedener aneinandergeketteter Aminosäuren und die Grundlage aller Lebensfunktionen. Als Enzyme regeln Proteine beispielsweise die biochemischen Vorgänge des Stoffwechsels, als Immunglobuline sind sie ein wesentlicher Bestandteil des Immunsystems, als Botenstoffe, Hormone oder Neurotransmitter senden sie die unterschiedlichsten Signale durch den Organismus. Proteine agieren als perfekt aufeinander eingespieltes internes Kommunikationssystem der einzelnen Zelle und des gesamten Organismus und sind in unzähligen spezialisierten Varianten für alle funktionalen Aktivitäten der Zellen sowie für alle strukturellen Merkmale des Organismus verantwortlich.
Die Kontrolle über die Proteine liegt bei den Genen. Die Gene beinhalten mit ihren Codes die Baupläne der Proteine, indem die Anordnung der (Nuklein-)Basen in der DNA die Reihenfolge der Aminosäuren im Aufbau der Proteine bestimmt.
Jedes Lebewesen ist mit einem unverwechselbaren, von den Eltern ererbten genetischen Code ausgestattet, der auf der DNA gespeichert und in jeder Zelle des Organismus präsent ist. Dieser Code basiert auf den vier Basen Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin, aus denen sich die Gene zusammensetzen. Der genetische Code lässt sich somit als eine schier endlos erscheinende Aneinanderreihung von A (Adenin), T (Thymin), G (Guanin) und C (Cytosin) darstellen, den Abkürzungen für die chemischen Bezeichnungen der Basen.
Abweichungen von der vorgegebenen Reihenfolge der Basen A, T, G und C werden als (Punkt-)Mutationen bezeichnet. Sie führen zu einer veränderten Abfolge der Aminosäuren und somit zu einem veränderten Aufbau des codierten Proteins. Liegt eine derartige Mutation vor, liefert der genetische Code folglich eine „falsche“ Aufbauanleitung für die Aneinanderreihung der Aminosäuren. Ergebnis ist die Produktion eines „falschen“ Proteins – mit mehr oder weniger weitreichenden Konsequenzen für den Organismus.
Zwei Schritte kennzeichnen den Weg vom Gen zum Protein:
1. Transkription
2. Translation
Haben die Rezeptoren an der Zellmembran nun eine bestimmte Information empfangen und die Nachricht entsprechend in das Zellinnere weitergegeben, wird die Zelle aktiv: Ähnlich wie eine kleine Fabrik produziert sie nun die notwendigen Proteine, um ihre Aufgabe auszuführen. Die Produktion der Proteine erfolgt dabei in zwei getrennten Schritten: der Transkription und der Translation.
Im ersten Schritt, der Transkription, wird der genetische Code im Inneren des Zellkerns von der DNA abgelesen, kopiert und als sogenannte Messenger-RNA (mRNA) aus dem Zellkern hinaus in das Zellplasma geschleust. Dort setzt nun mithilfe der Ribosomen der zweite Schritt, die Translation, ein: Die auf der Messenger-RNA gespeicherten Informationen der DNA werden dabei in die einzelnen Aminosäuresequenzen