Elvis - Mein bester Freund. George Klein

Elvis - Mein bester Freund - George  Klein


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Babysitter brauchte, eine rechte Hand, ein Mädchen für alles.

      Er bekam mich.

      Dewey und ich verstanden uns auf Anhieb. Er war ein verrückter Kerl, aber auch ein netter und großzügiger Mensch. Es freute ihn sehr, jemanden bei sich zu haben, der sich ebenso für die Musik begeisterte wie er selbst. Bisweilen war es eine große Herausforderung, für den reibungslosen Ablauf seiner Sendung zu sorgen, aber ich schaffte es. Ich tat alles für ihn, von der Bedienung der Bandmaschine bis hin zum Kaffeeholen. Bald verbrachte ich auch außerhalb des Studios viel Zeit mit Dewey. Ich wusste, dass ich »dabei« war, als Dewey anfing, mich »Mutter« zu nennen – die Kurzform eines nicht besonders höflichen Begriffs aus der Umgangssprache, der sich bei bestimmten Leuten damals gerade wachsender Beliebtheit erfreute.

      In seiner Sendung ignorierte Dewey das Thema Hautfarbe mit bewusster Lässigkeit – er sagte nie, dass er schwarze oder weiße Musik spiele, es war einfach nur »gute Musik für gute Leute«. Nach diesem Prinzip lebte er auch. Dewey überlegte nicht lange, ob er mich zum Spiel der Red Sox, dem Baseballteam der Schwarzen Liga, ins Martin Stadium mitnehmen sollte. Er liebte auch die All-Star-Freundschaftsspiele, die nach dem Ende der regulären Saison stattfanden. Ich weiß nicht, wie ich darüber hätte denken sollen, dass ich die »Rassengrenze« überschritt, jedenfalls ging ich begeistert nach Hause, weil ich große Spieler wie Roy Campanella und Don Newcombe aus nächster Nähe gesehen hatte.

      Eines Abends an einem Wochenende besuchten Dewey und ich das Hippodrome an der Beale Street, wo ein Konzert mit mehreren bekannten »schwarzen« Künstlern veranstaltet wurde. Wir waren die einzigen weißen Gesichter im Publikum. Das Hippodrome war eigentlich eine Rollschuhbahn, wurde aber auch für Konzerte genutzt. Mehrere hundert Personen fanden darin Platz. Als Dewey den Saal betrat, wurde er wie ein König empfangen. Mit einem Mal wurde mir bewusst, wie viele schwarze Zuhörer Red, Hot and Blue hatte und wie sehr sie Dewey für seine Arbeit schätzten. Das Programm an jenem Abend war phantastisch: Roy Hamilton, LaVern Baker, die Drifters und die Clovers – alle in derselben Show. Es versprach ein großartiger Abend zu werden, bis kurz vor Ende des letzten Auftritts eine gewaltige Schlägerei ausbrach. Die Menschen um mich herum warfen Flaschen und Stühle und sprangen auf die Tische. Ich reagierte instinktiv, duckte mich, rannte davon und drückte mich hinter die Jukebox der Rollschuhbahn. Dort blieb ich auch noch, als ich hören konnte, dass die Polizei eingetroffen war und den Saal räumte. Ich harrte in meinem Versteck aus, bis ich schließlich hörte, wie Dewey nach mir rief: »GK, wo steckst du denn?«

      »Ich bin hier, hinter der Jukebox«, rief ich zurück. »Kann ich herauskommen?«

      Dewey antwortete mit schallendem Gelächter. »Jaja, es ist sicher. Komm jetzt raus da, du kleiner Scheißer.«

      Wenn Künstler damals sowohl für schwarze als auch für weiße Fans spielen wollten, mussten sie zwei Konzerte buchen – eines nur für Weiße und eines nur für Schwarze. Dewey gelang es jedoch als einem der Ersten in Memphis, ein gemischtes Publikum zusammenzubringen. In seiner Sendung spielte er gern auch etwas Gospelmusik und schwärmte seinem Publikum immer häufiger von der Qualität der Musik vor, die bei den Sonntagabendandachten in der East Trigg Baptist Church in Memphis gespielt wurde. Die Gemeindemitglieder waren ausschließlich Schwarze, doch auf Deweys Drängen und mit Zustimmung des Pfarrers W. Herbert Brewster fanden sich sonntagabends nun auch einige junge Weiße ein. Die Gottesdienste wurden auf WHBQ übertragen. Als sich mir die Gelegenheit bot, Deweys ehemaligen Assistenten Bob Lewis als Teil der Zwei-Mann-Abordnung zu begleiten, die sich in der Kirche um die Übertragung kümmerte, ergriff ich ohne zu zögern diese Chance.

      Es war ein unglaubliches Erlebnis, nicht zuletzt deshalb, weil die Kirche der einzige Ort in der Stadt war, wo eine umgekehrte Diskriminierung herrschte – hier mussten die Weißen im hinteren Teil der Kirche sitzen. Pfarrer Brewster war ein leidenschaftlicher Redner, aber was einen wirklich packte, war die Musik. In der orthodoxen Synagoge, die ich mit meiner Familie besucht hatte, gab es nicht einmal eine Orgel, und natürlich hatte ich noch nie eine Kirchenband wie die in der East Trigg gesehen. Es war eine volle Besetzung mit Gitarren und Schlagzeug. Sie spielten geistliche Lieder, die sich in die Predigt des Pfarrers einfügten und sie begleiteten. Und, Gottesdienst hin oder her, diese Band in der East Trigg Church spielte härter und kraftvoller als alle Bands, die ich je gehört hatte. Von den weißen Besuchern auf den hinteren Rängen kannte ich meist nur wenige, einen dafür aber sehr gut: meinen ehemaligen Klassenkameraden Elvis Presley.

      So gerne ich mit Dewey zusammenarbeitete, so wusste ich doch, dass ich als sein Mädchen für alles keine große Zukunft hatte. Also beschloss ich, alles daranzusetzen, um einen richtigen Job vor dem Radiomikrofon zu bekommen. Bei WHBQ stellte ich ein paar Sprechproben zusammen – solche Sprachaufnahmen sind für einen DJ ungefähr das, was Portraitaufnahmen für einen Schauspieler sind. Ich wusste, dass es schwierig werden würde, bei WHBQ einen richtigen Job zu bekommen, selbst als Aushilfs-Diskjockey. Also schickte ich meine Aufnahmen an sämtliche kleineren Sender, die mir einfielen.

      Bei KOSE in Osceola, Arkansas, konnte ich überzeugen. Sobald das Frühjahrssemester meines ersten Studienjahres im Mai vorüber war, begab ich mich 50 Meilen flussaufwärts, um den Hörern zum ersten Mal die George Klein Show zu präsentieren. Im Sommer 1954 übernahm ich eine lange Nachmittagsschicht als Diskjockey, bei der ich gleichermaßen für schwarze wie auch für weiße Zuhörer einen Mix aus Country- und Rhythm-and-Blues-Platten spielte. So klein Osceola war, so hatte es doch den Ruf einer ziemlich coolen Musikstadt – viele Musiker machten auf dem Weg zwischen Chicago und den südlich gelegenen Städten und Städtchen entlang des Mississippi dort Station.

      Es machte mir Freude, in meiner eigenen Sendung die Platten aufzulegen, die mir gefielen, und ich fand, dass ich mein Handwerk mit jedem Arbeitstag ein bisschen besser beherrschte. An den Wochenenden aber vermisste ich Memphis. An jedem Samstagabend trat ich daher nach dem Ende meiner Sendung hinaus in die heiße Luft des Arkansas-Delta. Mit einer kleinen Reisetasche in der Hand ging ich ein paar Blocks bis zu der Stelle, wo der Highway 61 in Osceola in die Walnut Street mündet, streckte einen Daumen in die Höhe und hoffte, dass es nicht allzu lange dauern würde, bis mich jemand bis nach Hause mitnähme.

      Meine Mutter lebte immer noch in dem Haus gegenüber der Humes High im Norden von Memphis, wo ich aufgewachsen war, und wenn ich mich in der Stadt aufhielt, übernachtete ich bei ihr. Bevor ich zu ihr ging, schaute ich aber gern noch bei Dewey im Hotel Chisca vorbei und leistete ihm bei seiner Nachtausgabe von Red, Hot and Blue Gesellschaft. Ich konnte sicher sein, dass er mich hinterher noch zu irgendeinem verrückten Abenteuer Marke Dewey mitnahm.

      Ich erinnere mich noch gut an einen bestimmten Abend im Juli, als mich jemand flussabwärts mitnahm. Wir überquerten die Memphis-Arkansas-Brücke und hielten schließlich vor dem Eingang des Chisca. Ich ging hinein und machte mich auf zum Mezzanin (aus irgendeinem Grund verkündete Dewey in seiner Show immer, er sende »live aus dem Magazin«). Als ich das Studio betrat, erspähte mich Dewey, und bevor ich noch ein »Tag, Dewey« herausbrachte, begann er zu sprechen.

      »Komm her, Mutter.«

      »Was gibt’s, Dewey?«

      »Ich hab hier was, das du unbedingt hören musst. Komm mit.«

      Dewey drückte sich an mir vorbei und ging mit seinem schleppenden Gang den Korridor hinab – er hatte sich bei einem Autounfall das Bein gebrochen, welches danach nie wieder richtig verheilt war. Dewey war in der Regel leicht zu begeistern, aber als er mich in einen anderen Studioraum mit einem Plattenspieler und einem Lautsprechersystem führte, wirkte er besonders angespannt und fokussiert. Ganz vorsichtig nahm er eine Scheibe von einem Stapel Schallplatten. Er behandelte sie mit weit größerer Sorgfalt, als er es in seiner Sendung normalerweise tat. Außerdem achtete er darauf, dass seine Hand die Beschriftung verdeckte, während er die Platte auflegte. Ich konnte also nicht sehen, um welchen Künstler es sich handelte.

      Er schaltete den Plattenspieler ein, lehnte sich mit einem Lächeln zurück und starrte mich mit großen Augen an. Man hörte eine (geschlagene) Gitarre, dann eine durchgehende Bassfigur, und als der Gesang einsetzte, erkannte ich den Song. Es war eine Version von Arthur »Big Boy« Crudups »That’s All Right«, das früher im selben Jahr erschienen war. Crudups Song war jedoch eine geradlinige, hoch energetische Rhythm-and-Blues-Nummer


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