Seewölfe Paket 27. Roy Palmer

Seewölfe Paket 27 - Roy Palmer


Скачать книгу
begann Carberry mit grollender Stimme, „haben heute nacht Ratten ein Loch genagt, sind über die Eier hergefallen und haben einem Huhn die Kehle durchgebissen.“ Der Profos musterte die drei Kerle, als habe er die Absicht, ihnen ebenfalls die Kehlen durchzubeißen. „Einer von euch“, sagte er lauernd, „muß auf seiner Wache Klüsen und Lauscher dichtgeklappt und verdammt getorft haben. Wer wohl?“

      Die drei Arwenacks starrten verdutzt.

      Dann sagte Gary Andrews: „Bei mir nicht, Profos. Ich war hier auf der Kuhl. In diesen vier Stunden hat sich im Hühnerverschlag nichts getan, gar nichts.“

      „Bei mir auch nicht“, sagte Sam Roskill. „Bei den Hühnern war alles ruhig.“ Er grinste. „Allerdings hielt ich es nicht für nötig, zu kontrollieren, ob sie schlafen. Also habe ich auch nicht hineingeschaut.“

      Paddy Rogers war dran, Paddy, der so gerne aß – auch Spiegeleier wie der Profos –, jedoch meist hinterherhinkte, wenn schnelles Denken gefordert wurde. Wie jetzt. O Gott, was war da passiert? Kehle durchgebissen?

      Paddy starrte den Profos unglücklich an, kratzte sich hinter dem linken Ohr, zupfte an der Nase, schielte dann zum Verschlag und druckste herum.

      „Ja“, murmelte er, „ja doch.“ Jetzt begann er, seine Finger langzuziehen. Als es knackte, zuckte auch der Profos zusammen, Smoky sowieso, aber bei ihm lagen ja schon seit einigen Tagen die Nerven bloß.

      „Laß das!“ fuhr der Profos den guten Paddy an.

      Paddy versteckte hastig seine Hände hinter dem Rücken und sah noch unglücklicher aus.

      Der Profos wurde ungeduldig.

      „Wenn du ’ne Maulsperre hast, kann ich dir die Luke ja mal mit ’nem Kuhfuß aufhebeln“, sagte er ruppig.

      Jack Finnegan, Paddys Freund, tauchte auf. Er hatte gehört, was der Profos gerade gesagt hatte. Außerdem hatte sich sehr schnell herumgesprochen, was passiert war. Die Mannen versammelten sich auf der Kuhl. Es lag ja sonst nichts an, allenfalls das morgendliche Reinschiff. Zu segeln gab’s nichts, die Segel flappten, die „Santa Barbara“ wurde bekalmt.

      Auf dem Achterdeck erschien Philip Hasard Killigrew.

      Jack Finnegan sagte: „Mister Profos, wenn du Paddy an die Wäsche gehst, dann hast du’s mit zwei Kerlen zu tun – der zweite bin ich, damit du klar siehst.“

      Der Profos schnappte verblüfft nach Luft.

      Jack Finnegan beachtete ihn nicht weiter, wandte sich seinem Freund Paddy zu und sagte: „Erzähl mal, Paddy. Hast du während deiner Wache was bemerkt?“

      Paddy nickte eifrig. „Jaja, da war mal was.“

      „Und was?“

      „Ich hörte was im Verschlag. Nach den zwei Glasen um ein Uhr war das. Aber was Genaues hab ich nicht gehört, weil – weil der Mister Smoky so laut schnarchte. Waren ja alle Luken auf, nicht? Und ich stand auf der Back. Ja, und dann …“ Paddy verstummte.

      „Ja? Dann?“ fragte Jack freundlich.

      Paddy knautschte an seinem Ohr herum, dieses Mal am rechten.

      „Ja, dann rappelte es noch mal im Verschlag“, sagte Paddy. „Diese dummen Hühner, dachte ich, vielleicht war da eins im Schlaf von der Stange gefallen, nicht? Und das hat die anderen geärgert, weil sie aufgeweckt wurden, nicht? Ich ärgere mich auch immer, wenn ich aus dem tiefsten Schlaf gescheucht werde. Das weißt du doch, Jack, nicht?“

      „Ja, das weiß ich“, sagte Jack sanft. „Und weiter?“

      „Weiter? Ach so, ja, da hab ich von der Back aus mal kurz aufs Dach vom Verschlag gehämmert, mit ’ner Spillspake – bumm-bumm-bumm! Und von da an war Ruhe. Mehr weiß ich auch nicht.“

      Jack Finnegan nickte, drehte sich langsam zu Carberry um und sagte: „Das war’s wohl, Mister Profos. Damit dürfte wohl klar sein, daß Paddy auf Wache nicht geschlafen hat.“

      „Das nicht“, grollte der Profos, „aber er hat sich dämlich verhalten – klopft mit ’ner Spillspake aufs Dach von dem Kasten! So ein Käse!“

      „Ach ja?“ sagte Jack Finnegan so ein bißchen ironisch. „Was hättest du denn getan, Mister Profos? Den Hühnerchen ein Schlaflied gesungen oder was?“

      „Werd’ nicht kiebig, Mister Finnegan“, sagte der Profos scharf. „Ich hätte zumindest nachgeschaut, was da los ist.“

      „Es war ja nichts mehr los. Nach dem Pochen von Paddy herrschte Ruhe“, entgegnete Jack Finnegan. „Na schön, du hättest also nachgeschaut – und festgestellt, was passiert ist. Und dann? Hättest du noch etwas ändern können? Wärst du noch in der Nacht auf Rattenjagd gegangen? Doch wohl kaum. Jetzt nimm mal einen anderen Fall an. Nimm an, irgendwelche Kerle wollen die ‚Santa Barbara‘ entern, aber der Posten auf der Back stört sie. Was tun sie? Sie locken ihn mittels irgendwelcher Geräusche auf die Kuhl. Und da hauen sie dir einen Knüppel über den Schädel!“

      „Wieso mir?“

      „Du mußtest ja unbedingt nachschauen, nicht?“

      Der Profos schnappte ein zweites Mal nach Luft. „Mann, das ist doch an den Haaren herbeigezogen!“

      „Finde ich nicht!“ Philip Hasard Killigrew stieg über den Niedergang vom Achterdeck zur Kuhl hinunter. Er hatte bisher schweigend zugehört, informiert war er inzwischen. „Es empfiehlt sich immer, vor allem nachts auf Wache, unüblichen oder außergewöhnlichen Geräuschen gegenüber mißtrauisch zu sein. Zu schnelle Neugier kann sich tödlich auswirken – das ist es, was Jack mit seinem Beispiel sagen wollte. Die Verhaltensweise von Paddy, mein lieber Ed, war keineswegs verkehrt. Er hat von der Back aus mit der Spillspake für Ruhe gesorgt. In Ordnung. Ich glaube, daß er damit die Ratten verjagt hat. Aber daß es Ratten waren, das hätte wohl keiner von uns für möglich gehalten. Ich schätze, daß sie’s auf die Eier abgesehen hatten. Vermutlich hockte die Henne, die getötet wurde, noch auf ihrem Gelege und wurde wild. Gleichviel, wir können es nicht mehr ändern. Aber wir werden erstens das Loch wieder abdichten, zweitens die untere Umwandung verstärken und drittens zur Jagd blasen. Alles klar, Ed?“

      „Aye, Sir, alles klar!“ schmetterte der Profos und rieb sich die mächtigen Pranken, als könne er’s kaum erwarten, den Ratten zum Tänzchen aufzuspielen.

      „Nach dem Frühstück, Ed“, sagte Hasard. „Bei der Flaute haben wir mal wieder viel Zeit.“

      „Heute gibt’s keine Eier zum Frühstück“, maulte Mac Pellew und starrte düster in den Verschlag. „Da könnt ihr euch bei den verdammten Ratten beschweren, Leute.“

      Es war gut, daß Mac darauf hinwies. Das heizte die Jagdstimmung an. Sie schauten alle ziemlich grimmig drein, die Arwenacks.

      Das änderte sich auch nicht, als der Kutscher erklärte, diese Eierfresserei sei sowieso ungesund, jedenfalls auf Dauer, das habe auch Doc Freemont immer gesagt.

      „Und was gibt’s zum Frühstück?“ erkundigte sich Paddy Rogers. Er sah fast so grämlich aus wie Mac. Und das wollte viel heißen.

      Mac musterte ihn von oben bis unten und zurück und erwiderte: „Ich geb dir Zucker, Mister Rogers, den kannst du mit der Eierpampe hier im Verschlag verrühren, dann hast du leckeres Zuckerei. Das stärkt die Manneskraft, und du erfüllst einen guten Zweck.“

      „Guten Zweck?“ fragte Paddy.

      „Richtig, dann wird nämlich gleich der Verschlag gereinigt, und anschließend darfst du das tote Hühnchen rupfen, das der Kutscher und ich heute mittag zu ’ner chinesischen Hühnersuppe verarbeiten werden. Won Ton heißt die.“

      Mit einem Räuspern sagte der Kutscher: „Ich schlage Mulligatawny-soup vor, Mac, nicht Won Ton. Die Mulligatawny-soup gibt mehr her. Die Zutaten haben wir – Rüben, Zwiebel, Sellerie, Curry und so weiter und so weiter.“

      „Du meinst die indische Geflügel-Creme-Suppe?“ fragte Mac.

      „Genau


Скачать книгу