Seewölfe Paket 27. Roy Palmer
in diesem Fall mit Old Donegal im Mittelpunkt. Doch das verwunderte niemanden.
Wenn einer von seiner Ehehälfte eine Bratpfanne auf den Schädel bekam, mit siebzig Jahren noch einen Sohn zeugte, bei einer Rutschfahrt eine Tropfsteinhöhle entdeckte, mit seiner „Empress“ Korallenriffs auf die Hörner nahm, sich mehrere Male das Holzbein und zur Abwechslung auch einmal das gesunde Bein brach – weil er noch als alter Kerl in den Wanten herumgeturnt war – dann konnte es sich bei einem solchen Lebenskünstler nur um Old Donegal Daniel O’Flynn handeln.
Dem alten Zausel passierten die haarsträubendsten Geschichten, die er entweder selbst provozierte, oder er schlitterte voll hinein, weil er sich mal wieder was in den Kopf gesetzt hatte.
Der andere alte Mann an Bord war Will Thorne, der Segelmacher. Aber was für ein Unterschied zwischen den beiden! Will Thorne war gelassen, bescheiden, unauffällig, ein eher bedächtiger, stiller Mann mit der Würde des Alters. Dagegen machte sich Old Donegal allzu häufig selbst zum Narren – so auch jetzt.
Will Thorne wäre nie mit einer Pütz auf Rattenjagd gegangen, geschweige denn, er hätte sich als Wächter draufgesetzt, so ihm ein Fang mit der Pütz gelungen wäre.
Das Ganze war also mal wieder typisch Old O’Flynn, und so grotesk wie die meisten Ereignisse, in die er verwickelt war.
Dabei hatte er sich selbst in die Klemme gebracht, denn bei aller Komik konnte die Sache sogar gefährlich werden. Die in der Pütz gefangene Ratte war im wahrsten Sinne des Wortes in die Enge getrieben – und wie Ratten da reagierten, war allen bekannt, auch Old Donegal.
Mit Rattenbissen wäre nicht zu spaßen, hatte der Kutscher einmal verkündet. Bei einer Blutvergiftung könnten sie sogar tödliche Folgen haben.
Wenn Old Donegal jetzt aufsprang – was mit dem Holzbein sowieso nicht schnell genug ging –, dann konnte es tatsächlich passieren, daß die tobende Ratte die Pütz umkippte, ihn möglicherweise in ihrer Todesangst attackierte und sich in ihn verbiß.
Dan O’Flynn hatte Erbarmen mit seinem Alten, obwohl er sich darüber ärgerte, was der sich wieder eingebrockt hatte. Aber Familie hält eben zusammen, nicht wahr?
Er stellte hinter Old Donegal den Fuß auf die Pütz, tippte ihm auf die Schulter und sagte: „Du kannst jetzt aufstehen, es passiert nichts.“
„Wird auch Zeit, daß du mir hilfst!“ fauchte der Alte wütend. „Eine Schande, wenn ein Sohn den Vater solange in Lebensgefahr schweben läßt und dazu auch noch dämlich grinst!“
„Ich halte es eher für eine Schande, daß du dich mal wieder wie ein kompletter Narr aufführst“, entgegnete Dan. „Denn nur ein Narr oder Idiot setzt sich auf eine Pütz, unter der eine Ratte gefangen ist. Ich schätze, in einer Stunde hätte sie sich durch das Holz genagt. An so was denkt man vorher, nicht erst, wenn andere darüber ihre Witze reißen.“
Der alte Zausel stemmte sich fluchend hoch, drehte sich dann um, funkelte seinen Sohn an und blaffte: „Wie sprichst du denn über deinen Vater, du Lümmel? Sofort entschuldigst du dich bei mir!“
O Gott, dachte Dan O’Flynn, jetzt geht diese Leier wieder los. Gleich droht er mir, mich mit seinem verdammten Holzbein zu verdreschen …
„Oder du kriegst es mit dem Holzbein!“ polterte Old Donegal.
Philip Hasard Killigrew hörte still und stumm zu, um seine Autorität nicht zu strapazieren. Außerdem wußte er, wer jetzt Old Donegal aufs Dach steigen würde. Der Profos!
Der röhrte auch schon los: „Jetzt halt aber die Luft an, Mister O’Flynn! Wenn ich dein Sohn wäre, hätte ich dich auf dem Töpfchen sitzen lassen, bis du grün und blau gewesen wärst, du – du Rattenbrüter! Und es wäre dir recht geschehen, wenn die Ratte ordentlich was von deinen Hinterbacken gefrühstückt hätte, obwohl ich bezweifle, daß sie davon satt geworden wäre, denn viel hast du mit deinem Hühnerarsch ja nicht zu bieten. Aber deinen Sohn auch noch anzustänkern, nachdem er dir geholfen hat, das ist wirklich das Letzte vom Letzten!“
„Ich verbitte mir jegliche Einmischung in meine Familienangelegenheiten!“ bollerte Old Donegal und stampfte mit dem Holzbein auf.
„Familienangelegenheit?“ Der Profos schob den Kopf vor, als habe er sich verhört. „Was hat das denn mit ’ner Familienangelegenheit zu tun, wenn du so dusselig bist, dich auf ’ne Pütz zu setzen, unter der ’ne Ratte herumkaspert, he? Gehört das Biest zu deiner Familie? Vielleicht sollte Dan mal das Töpfchen lüften, damit du die Ratte familienfreundlich begrüßen kannst!“
„Untersteh dich!“ Das galt dem „Lümmel“, aber vorsichtshalber zog sich Old Donegal hinter einen Stützbalken zurück.
Dan hatte immer noch den rechten Fuß auf der Pütz, unter der die Ratte weiterhin herumtobte. Tatsächlich mußte er kräftig mit dem Fuß drücken, um zu verhindern, daß die Ratte sie fortbewegte oder umkippte. Plymmie wetzte vor der Pütz hin und her, knurrte sie an und war mächtig in Rage.
„Immer wenn’s mulmig wird“, dröhnte Carberry, „geht der Admiral in Deckung!“
„Ich laß mich doch nicht von ’ner Ratte beißen!“ schrie Old Donegal. „Bin ich blöd?“
„Blöd genug, um dich auf eine solche zu setzen!“ lästerte der Profos. „Was meinst du, was die auf dich scharf ist, weil du ihr den Schwanz eingeklemmt hast! Die geht dir glatt an die Hose, saust hoch und beißt dir ein Ohrläppchen ab!“ Er spähte zu Dan. „Wie packen wir’s jetzt an, ohne daß sie türmt?“
„Ich schätze, Plymmie erwischt sie, wenn ich die Pütz etwas ankippte“, erwiderte Dan.
„Ich hau mit dem Schürhaken drauf“, sagte Mac Pellew, vom Jagdfieber gepackt. „Oder soll ich ’ne Bratpfanne holen?“
Da wurde der Kutscher energisch. „Einspruch! In der Bratpfanne pflege ich Spiegeleier und Speckscheiben zu braten!“
„Ich schlag ja mit der Rückseite zu“, maulte Mac Pellew.
„Die Bratpfanne wird nicht dazu benutzt“, erklärte der Kutscher kategorisch. „Ratten sind Krankheitsüberträger. Damit ist überhaupt nicht zu spaßen.“
„Was übertragen die denn?“ erkundigte sich Old Donegal hinter dem Stützbalken hervor.
Carberry dröhnte: „’n kalten Arsch mit Schneegestöber – bei einem, der mit dem Hintern auf ’ner Ratte gesessen hat!“
„Da war eine Pütz dazwischen!“ schrie Old Donegal.
„Ach ja?“ fragte Carberry katzenfreundlich, linste zum Kutscher und erklärte, als sei er Experte in solchen Fragen: „Aber der Pütz ist das völlig Wurscht, ob sie Krankheiten überträgt. Die tut das einfach, genauso, wie das eine Bratpfanne tut – wie wir eben gehört haben.“
„Alles Quatsch“, erklärte Old Donegal.
„Kein Quatsch“, sagte der Kutscher, hüstelte und fügte hinzu: „Ich muß natürlich berichtigen, daß Ratten nicht in der Lage sind, einen – äh – ein Gesäß mit Schneegestöber in einen kalten Zustand zu versetzen, weil die Erzeugung von Kälte anderen physikalischen Gesetzen unterliegt. Dennoch hat die ärztliche Wissenschaft herausgefunden – und das meinte wohl Mister Carberry –, daß Ratten gewisse Seuchen verbreiten, die kaum aufzuhalten sind, schon gar nicht von Pützen oder Bratpfannen. Im Gegenteil – es ist zu vermuten, daß von Ratten berührte oder verunreinigte Gegenstände dem Menschen schädlich sind. Darum empfehle ich auch, diese Pütz, in der die Ratte noch gefangen ist, später außenbords zu werfen – genauso, wie ich empfehle, keine Ratte anzufassen.“
„Und was ist mit Plymmie?“ fragte Hasard junior scharf. „Sie hat bereits eine Ratte getötet – hat sie also berührt.“
„Gute Frage, Söhnchen“, erwiderte der Kutscher gelassen, „aber du kannst Plymmie bei diesem Problem ausklammern. Es gibt Tiere, die sind gegen Krankheiten gefeit, von denen Menschen befallen werden. Sie sind dagegen resistent, also widerstandsfähig. Frag mich nicht, warum das