Seewölfe Paket 30. Roy Palmer

Seewölfe Paket 30 - Roy Palmer


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Überfall? Das konnte doch kein Zufall sein. Er sah, wie Don Pedro hart schluckte, aber keinerlei Anstalten traf, die Kutsche zu verlassen.

      Die Arwenacks, dachte Juan. Sie haben der Kutsche den Weg verlegt. Er wunderte sich lediglich darüber, daß alles so schnell ging.

      Dann hörte er Musketen krachen und wieder die Schreie eines Getroffenen. Auch Pistolen entluden sich. Das Stimmengewirr wurde lauter.

      Don Pedro war völlig verunsichert. Der Lauf seiner Pistole zeigte mal auf seinen Körper, dann wieder entschlußlos nach draußen.

      Ein Schuß aus einer Muskete traf die Kutsche. Die Kugel schlug in das Holz, zerfetzte es zu einem Viereck und drang auf der anderen Seite wieder hinaus. Nur eine Handbreite pfiff der Bleibrocken an Don Juans Kopf vorbei.

      Die Männer draußen kämpften und brüllten laut. Die Pferde rissen die Kutsche ein Stück zur Seite. Mit dem rechten Hinterrad krachte sie gegen einen Baum und blieb stehen.

      Der zweite Kutscher hatte ebenfalls den Bock verlassen. Der andere war vermutlich tot, und die Kutsche hatte ihn noch einmal überrollt, ehe sie stehenblieb.

      Don Pedro wollte jetzt ebenfalls die Kutsche verlassen.

      „Sie bleiben hier“, sagte er nervös. „Rühren Sie sich nicht!“

      Als wieder ein Schuß die Kutsche traf, zog der Offizier das Genick ein und feuerte wahllos zurück.

      Don Juan reagierte wie ein Urmensch mit zuckenden Reflexen. Seine kettenbewehrten Arme fuhren blitzschnell hoch und legten sich um den Hals Don Pedros.

      Der Anprall erfolgte für den Offizier so unerwartet, daß er den Halt verlor, strauchelte und Juan vor die Knie rutschte. Seine Pistole fiel zu Boden, er streckte abwehrend die Hände aus.

      Juan zog ihn zu sich heran, erbarmungslos und hart, und ließ ihm keine Chance. Don Pedro röchelte, er brachte nicht einmal einen Schrei zustande. Sein Gesicht lief rot an, die Augen quollen ihm aus den Höhlen.

      „Den Schlüssel, aber schnell“, sagte der Spanier. „Wo ist er?“

      Er lockerte den mörderischen Griff ein wenig.

      Don Pedro deutete mit dem Kinn angstvoll auf seine rechte Jackentasche. Die Ketten zogen sich wieder um seinen Hals zusammen.

      Im Wald wurde immer noch geschossen. Irgendwo schrie jemand laut und gellend. Die Gäule wieherten angstvoll.

      Es war das Werk weniger Augenblicke, dann hielt Juan den Schlüssel zu seinem Kettenschloß dicht an den Körper gepreßt.

      „Aufschließen“, sagte er heiser. „Wenn Sie den Schlüssel fallen lassen, ist es aus mit Ihnen.“

      „Verfluchter Bastard“, röchelte der Spanier. Auf seiner Stirn standen dicke Schweißperlen.

      Don Juan nahm ihm die zweite Pistole ab, die im Gürtel steckte, während Don Pedro sich abmühte, das Schloß zu öffnen. Für ihn war es eine Schande, überrumpelt worden zu sein. Er hatte sich zu sicher gefühlt und nicht damit gerechnet.

      Mit wild zitternden Fingern schloß er auf.

      Juan streifte die Ketten ab. Als Don Pedros rechter Arm hochfuhr, schlug er ihm den Knauf der Pistole an die Schläfe.

      Ein klassischer Jagdhieb war das. Don Pedro wurde schlaff. Seine Knie gaben nach und er fiel mit dem Gesicht voran lautlos auf den Boden der Kutsche.

      Mit einem Satz war der schlanke Spanier draußen. Ein kurzer Blick zur Orientierung genügte ihm.

      Sie befanden sich in einem größeren Wald, der teilweise von einem mächtigen Verhau durchwuchert war. Nur ein schmaler Pfad führte hindurch. Links befand sich eine kleine Lichtung, rechts dichtes Buschwerk und etwas weiter voraus war der Baumbestand nicht mehr so dicht.

      Die Soldaten kämpften mit wild aussehenden Gestalten. Ein paar lagen reglos am Boden, niedergestreckt von den Schüssen aus Musketen oder Pistolen. Ein paar andere flohen gerade in langen Sprüngen.

      Die Soldaten behielten eindeutig die Oberhand. Sie waren besser und stärker bewaffnet.

      Don Juan sah sich zwei Männer an, die hingestreckt auf dem Boden lagen. Es waren bärtige Gestalten, wilde, verwegen aussehende Buschräuber – aber keine Arwenacks, wie er anfangs geglaubt hatte.

      Dieser Überfall hatte mit den Seewölfen nichts zu tun, absolut nichts. Die Kerle waren einfache Wegelagerer und Banditen, Strolche, die alles überfielen, was auch nur geringe Beute versprach.

      Er grinste hart, als er losrannte.

      Frei, endlich war er frei. Er würde sich nach Cádiz durchschlagen, das war kein Problem für ihn.

      Stimmen brüllten erneut, ein paar Reiter galoppierten hinter ihm her. Noch im Reiten feuerten sie Pistolen und die schweren unhandlichen Musketen ab.

      Der Verhau wurde so dicht, daß er kaum vorwärts gelangte. Die Reiter hingegen sprengten mitten dazwischen und walzten alles nieder, was ihnen im Wege stand.

      Sie waren auch schneller mit ihren Pferden als er. Als einer dicht hinter ihm war, drehte er sich im Laufen und Vorwärtsstolpern um und feuerte.

      Die Kugel prallte seitlich auf den blinkenden Brustpanzer des Dons und erzeugte einen hell klingenden Ton. Dann sirrte sie als Querschläger irgendwo ins Unterholz.

      Jetzt waren es schon vier Männer, die hinter ihm herritten. Don Juan schlug einen Haken, um in den dichter werdenden Wald zu gelangen. Dort standen die Bäume so eng beieinander, daß die Pferde nur schwer hindurchgelangten.

      Zwei weitere Soldaten ritten von der Lichtung aus auf ihn zu.

      Dann war er urplötzlich eingekeilt. Er sah es aufblitzen, zweimal hintereinander, aber den Knall hörte er nur noch wie ein leises fernes Echo.

      Der Wald schien kopfzustehen. Er hatte für einen kurzen Augenblick das Gefühl, als würde er herunterfallen. Danach wurde es übergangslos Nacht für ihn. Alles versank in schwarzer Finsternis.

      Sein Erwachen war ein schmerzhafter Prozeß. Er fühlte sich wie ein riesiges Pendel, das in unglaublich langen Bewegungen hin und her schwang. War er an einem Punkt angelangt, durchzuckte ihn heftiger Schmerz. Dann schwang das riesige Pendel zurück zum anderen Punkt, und erneut setzte der Schmerz ein. Der Weg dazwischen war jedesmal wie ein Sturz in einen Abgrund.

      Vorsichtig öffnete er die Augen und sah sich um.

      Nichts hatte sich verändert. Sein Schädel schmerzte wie wahnsinnig, aber seinem Gegenüber, das ihn aus tückischen Augen musterte, schien es nicht anders zu ergehen. An Don Pedros Schläfe prangte eine sehr sehr große Beule.

      Er war wieder gefesselt und angekettet, wie er feststellte. Diesmal hatten sie ihn so verschnürt, daß er sich kaum bewegen konnte. Er verspürte trotz der Schmerzen Hunger und Durst.

      „Dreckiger Bastard“, sagte Don Pedro mit einem vor Wut entstellten Gesicht. „Schade, daß dieser Kerl Sie nicht richtig getroffen hat. Es ging leider zu schnell.“

      Don Juan merkte, daß sein linkes Auge stark angeschwollen war. Blut hatte es verkrustet. Die Haut an seiner Stirn spannte stark. Offenbar hatte ihn ein Streifschuß erwischt. Wenn er das rechte Auge schloß, ging jedesmal ein Zucken über sein Gesicht. Vermutlich hatte er eine riesige Schramme am Kopf.

      „Sie hätten an meiner Stelle nicht anders gehandelt“, sagte Don Juan trocken. „Jeder wehrt sich seiner Haut, so gut er kann, auch ein dreckiger Bastard.“

      „Ich überlege mir ernsthaft, ob ich Sie nicht einfach abknallen lassen soll“, zischte Don Pedro. „Auf der Flucht erschossen. Kein Hahn kräht dann mehr danach.“

      „Dann überlegen Sie nur ernsthaft weiter, wenn Sie nicht in der Lage sind, das Problem anders zu lösen.“

      Die Kutsche schaukelte weiter, anfangs behäbig, dann wieder etwas schneller. Don Juan schenkte seinem Bewacher keine Beachtung mehr. Er stellte nur fest, daß dieser Don Pedro offenbar wirklich mit dem Gedanken spielte,


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