Seewölfe Paket 9. Roy Palmer

Seewölfe Paket 9 - Roy Palmer


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      „Wir sind von der ‚Revenge‘, du vollgesoffener Blödmann“, sagte der Vierschrötige. „Los, gebt’s ihnen, Leute! Die sind viel zu besoffen, um sich noch wehren zu können.“

      Sie wehrten sich doch, und drei der „Revenge“-Männer suchten die Katzenköpfe der Millbay Road auf. Erst dann fiel der Vorhang für Matt Davies, Stenmark und Sam Roscill.

      Abseits der Pieranlagen an der Mill Bay, und zwar am Strand der Firestone Bay, wurden sie in ein Beiboot gemannt und zur „Revenge“ draußen bei der St.-Nicholas-Insel gepullt.

      6.

      Gegen drei Uhr morgens ging Edwin Carberry seine Runde auf der „Isabella“. Zu dieser Zeit hatten Al Conroy und Jeff Bowie die Wache übernommen, Jeff Bowie an der Gangway und Al Conroy auf der „Isabella“ selbst, wo er vor allem die gesamte Seeseite zu überwachen hatte.

      Ed Carberry, die Hände in den Hosentaschen und den massigen Schädel etwas eingezogen – es war empfindlich kühl um diese Zeit –, schob über die Kuhl, lehnte sich ans Schanzkleid und peilte zu Jeff Bowie auf der Pier.

      „Alles klar, Jeff?“ fragte er.

      „Aye, alles klar, Ed.“

      „Landgänger alle zurück?“

      Jeff Bowie grinste zu dem Profos hoch. „Smoky, Gary, Pete und Luke schon – voll bis zum Süll. Mein lieber Mann, die hatten vielleicht einen in der Hacke, so was hast du noch nicht erlebt. Und keinen Cent haben sie beim dicken Plymson ausgegeben.“

      „Wie das?“ fragte der Profos.

      „Plymson begrüßte sie als die Seehelden Englands, und das hat Smoky ausgenutzt. Seehelden hätten Saufen frei, hat er erklärt. Später hat der dicke Plymson mitgesoffen und ist dann umgefallen. Da hat Smoky den Tresen übernommen und ausgeschenkt. Die müssen dem Dicken ganz schön was weggetrunken haben.“

      „Seehelden Englands – phhh!“ Carberry schüttelte den Kopf. „So einen Schmus kann auch nur der dicke Plymson verzapfen, diese vollgefressene Kanalratte. Hm, fehlen also noch Matt, Sten und Sam. Matt Davies, na ja, der gibt auch nicht eher Ruhe, bis alle Fässer leer sind. Das nimmt noch mal ein schlechtes Ende mit diesem Saufloch. Wann sind denn Smoky und die anderen an Bord getrudelt?“

      „Nicht lange nach Mitternacht.“

      Carberry zuckte etwas zusammen. „Mann, jetzt ist es nach drei Uhr. Da sollen Matt, Sten und Sam noch drei Stunden weitergesoffen haben? Und Smoky und die anderen waren schon bis zum Süll voll, sagtest du?“

      „Richtig, Ed.“

      „Jetzt überleg mal, Jeff“, sagte Carberry. „Smoky kann eine ganze Menge hinter die Gurgel gießen, er ist da ziemlich standfest, so wie Matt. Aber Sten und Sam, die halten doch nicht drei Stunden länger durch als Smoky.“ Er schob das Rammkinn vor. „Da stimmt was nicht, Junge.“

      Jeff Bowie zweifelte. „Vielleicht sind sie bei den Ladys geblieben. Könnte doch sein, oder?“

      „Total voll? Das glaubst du doch selbst nicht. Waren Kerle von der ‚Revenge‘ in der ‚Bloody Mary‘?“

      „Das mußt du Smoky fragen“, erwiderte Jeff Bowie.

      Das tat Ed Carberry auch.

      Smoky fuhr aus der Koje und lallte: „Und auf was trinken wir jetzt, Männer?“

      „Auf gar nichts, du stinkendes Whiskyfaß“, knurrte der Profos. „Was hast du denn da auf dem Kopf, verdammt noch mal?“

      „Haare“, sagte Smoky undeutlich.

      „Quatsch!“ Carberry langte sich das Pudelfell. „Sind das deine Haare, du Idiot?“

      „Weiß ich nicht“, erklärte Smoky und legte sich wieder lang.

      Carberry feuerte die Perücke in eine Ecke und zerrte Smoky wieder hoch.

      „Hör zu“, sagte er grollend. „Matt, Sten und Sam sind noch nicht zurück.“

      Smoky stöhnte. „Schrei mich doch nicht so an, du Ochse. Was meinst du, wo mein Kopf ist? Was sagst du, wer ist zurück? Wo ist wer zurück?“

      Jetzt stöhnte zur Abwechslung mal Carberry – vor Wut. Erstens roch die ganze Bude nach Schnaps, zweitens schielte Smoky und drittens war der noch völlig vernagelt.

      Carberry purrte Bill aus dem Schlaf. Jetzt wurde er ziemlich rücksichtslos.

      „Mister Carberry?“ fragte Bill gähnend.

      „Hol ’ne Pütz Seewasser, Junge, hopp-hopp!“

      Bill kriegte Telleraugen, sagte aber nichts, stieg in die Hose und sauste ab.

      „Ein Mief ist das hier“, knurrte Edwin Carberry.

      „Es lebe die Königin“, murmelte Smoky und streckte sich wieder.

      Carberry grinste grimmig. „Warte, du Säufer, was du gleich leben wirst, erleben!“

      Bill brachte die Pütz Seewasser. Carberry nahm sie in Empfang, holte Schwung und klatschte das Wasser Smoky ins Gesicht.

      Der schoß aus der Koje und brüllte: „Wassereinbruch!“

      Bill kicherte.

      Die Schläfer ruckten hoch, von der Smoky-Landcrew allerdings nur Pete Ballie. Luke Morgan und Gary Andrews träumten weiter.

      Carberry hatte bereits Smoky am Wickel und schüttelte ihn. Und jetzt brüllte er: „Von wegen Wassereinbruch, du Stint! Das war ’ne Pütz Seewasser, um dir den Suff aus dem Schädel zu treiben. Jetzt ist Schluß mit dem Gefasel. Matt, Sten und Sam sind noch nicht zurück. Habt ihr Krach beim dicken Plymson geschlagen? Habt ihr euch mit Kerlen von der ‚Revenge‘ herumgeprügelt? Heraus mit der Sprache!“

      „Laß mich los, Ed Carberry!“ fauchte Smoky allmählich etwas wacher und holte aus, um einen Schwinger zu landen.

      Carberry blockte ihn lässig ab und nagelte den stämmigen Decksältesten an ein Schapp, daß da drin das Backsgeschirr schepperte.

      „Ich hab dich was gefragt, Mister Smoky, und ich will eine Antwort haben, sonst tunke ich dich solange in die Mill Bay, bis du aufhörst, mich anzuschielen.“

      „Ja, doch“, knurrte Smoky, „Mann, brummt mir der Schädel! Was hast du mich gefragt? Ob wir Krach mit Plymson gehabt hätten? Nicht die Bohne. Das war ’ne richtige schöne Feier, ganz friedlich. Kerle von der ‚Revenge‘ waren nicht da, nur so’n paar Vögel von den anderen Schiffen. Was soll denn diese dämliche Fragerei?“

      „Matt, Sten und Sam sind noch nicht zurück!“ brüllte ihn Carberry an. „Hast du das immer noch nicht begriffen?“

      Smoky zog den Kopf etwas ein. „Noch nicht zurück? Versteh ich nicht. Die waren doch auch schon ziemlich voll. Wie spät ist es denn?“

      „Halb vier, verdammt.“ Und damit sauste Carberry ab. Sie hörten ihn über die Gangway poltern.

      Smoky kratzte sich hinter dem Ohr und murmelte: „Verdammt, verdammt, ich glaube, da ist was im Busch, Leute. Ich hab so ’ne dumpfe Ahnung.“

      Bill bückte sich und hob verwundert die Perücke auf.

      „Was ist das denn?“ fragte er stirnrunzelnd.

      „Weiß ich auch nicht“, brummte Smoky geistesabwesend. „Zieht euch an, Männer. Ich schätze, wir werden Matt, Sten und Sam suchen müssen.“

      Inzwischen hatte Carberry im Laufschritt die „Bloody Mary“ erreicht und brach in die Kneipe ein wie ein wildgewordener Bulle. Mit einem Rundblick erfaßte er die Situation. Hier gab’s nur schnarchende Schläfer, auf den Bänken, unter den Bänken, unter den Tischen.

      Über ein paar Schnapsleichen stieg er zum Tresen vor, umrundete ihn, trank ein noch volles Whiskyglas aus, peilte


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