Seewölfe Paket 9. Roy Palmer

Seewölfe Paket 9 - Roy Palmer


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Ehre, Englands Seehelden begrüßen zu dürfen.“

      Smoky lehnte sich an den Schanktisch und musterte den Dicken aus schmalen Augen.

      „Nathaniel Plymson“, sagte er drohend, „du lügst schon wieder.“

      „Einen Whisky?“ sagte Nathaniel Plymson hastig. „Auf meine Kosten natürlich, Mister Smoky.“

      „Einen?“ knurrte Smoky. „Oder hab ich mich verhört?“

      „Zwei – für alle Seewölfe, zwei doppelte selbstverständlich.“ Ein bißchen begann Nathaniel Plymson zu zittern. Hörte das denn nie auf mit diesen Kerlen?

      „Klingt schon besser“, sagte Smoky mit seiner tiefen Stimme.

      Der Dicke zauberte eine Flasche auf die Schanktischplatte, zählte die Seewölfe – es waren sieben –, langte sieben Gläser aus dem Regal hinter sich und schenkte ein.

      Smoky drehte sich um und warf einen Blick durch die Kellergewölbe.

      Über die Schulter sagte er: „Keine Kerle von der ‚Revenge‘ hier, Plymmy?“

      „Nein, Mister Smoky, Sir. Die ist doch ausgelaufen, oder?“

      „Scheint so.“ Smoky wandte sich wieder um und verteilte die Gläser, die bereits voll waren, an die Männer.

      Bei ihm waren Gary Andrews, Stenmark, Matt Davies, Luke Morgan, Sam Roscill und Pete Ballie. Sie standen aufgereiht am Schanktisch wie Musketiere, Stenmark am rechten Flügel, weil er ein Riese war und sonst den Stör vor der Nase gehabt hätte.

      „Auf was trinken wir, Leute?“ fragte Smoky und hob sein Glas.

      „Auf Blackys Fuß“, erklärte Pete Ballie.

      „Auf Blackys Fuß“, bestätigte Smoky, „möge er gedeihen, heilen und unserem Blacky weiterhin eine gute Stütze sein.“

      Sie gurgelten den Whisky herunter.

      Nathaniel Plymson schaute etwas wirr. Jetzt tranken diese Kerle schon auf einen gottverdammten Fuß, daß der eine gute Stütze sein möge. Da sollte einer draus schlau werden.

      „Nachschenken, Plymmy“, befahl Smoky und wischte sich über die Lippen.

      „Jawohl, Mister Smoky, Sir.“ Der Dicke schenkte nach, aber keinen Doppelten.

      „Plymmy“, mahnte Smoky, „du wolltest zwei Doppelte ausgeben, bis jetzt sind’s erst zwei Anderthalbe.“

      „Verzeihung“, murmelte Nathaniel Plymson.

      „Oder wolltest du uns löffeln, Plymmy?“ fragte Smoky bedächtig.

      „Aber nein, Mister Smoky.“ Hastig schenkte der Dicke nach. Waren die Kerle doch auf Krawall aus?

      „Auf was trinken wir jetzt?“ fragte Smoky.

      „Auf daß Blackys Fuß splitterfrei sei“, sagte Gary Andrews.

      „Auf daß Blackys Fuß splitterfrei sei“, bestätigte Smoky. „Möge der Doc einen jeglichen Splitter gefunden haben.“

      Der Inhalt der sieben Gläser verschwand in sieben Männerkehlen.

      „Nachschenken, Plymmy“, befahl Smoky, „du mußt noch einen ausgeben, einen Doppelten natürlich.“

      Nathaniel Plymson verschob seine Perücke – eine schwarze mit kleinen Löckchen. Da hatte wohl ein Pudelfell Pate gestanden.

      „Aber ich wollte nur zwei Doppelte ausgeben“, maulte er.

      „Nathaniel Plymson“, sagte Smoky drohend, „du stehst vor Englands Seehelden, deren Kapitän von Ihrer Majestät der Königin angesichts des Towers auf den Planken der ‚Isabella‘ zum Ritter geschlagen wurde. Seehelden haben ein Anrecht auf vier Doppelte. Ist das klar?“

      „Jawohl, Mister Smoky, Sir.“ Nathaniel Plymson mußte eine zweite Whiskyflasche köpfen – besser das als eine erneute Schlacht in der „Bloody Mary“. Man mußte mit diesen Kerlen wie mit rohen Eiern umgehen, da half alles nichts. Na, da würde er eben bei den anderen Zechern ein bißchen panschen.

      Sieben Doppelte wurden eingeschenkt.

      „Auf was trinken wir, Männer?“ fragte Smoky.

      „Auf unsere Lissy“, sagte Luke Morgan, „die unseren guten alten Carberry küssen wollte.“

      Nathaniel Plymson riß die Augen auf.

      „Auf unsere Lissy“, bestätigte Smoky, „die das alte Rübenschwein küssen wollte. Möge sie England erhalten und uns Seewölfen bis ans Ende unserer Tage wohlgesonnen bleiben.“ Er reckte das Glas. „Drei Hurras für Ihre Majestät die Königin – Hurra!“

      „Hurra!“ brüllten die sieben Seewölfe.

      „Hurra!“ donnerte Smoky – und das Echo folgte.

      Und noch einmal fegte das „Hurra“ durch die „Bloody Mary“. Der mumifizierte Stör schwang sanft hin und her.

      „Nathaniel Plymson“, grollte Smoky, „die vier Doppelten werden auf sechs Doppelte erhöht, weil du es versäumt hast, unsere Königin mit hochleben zu lassen. Wir Seehelden Englands müssen das als eine Beleidigung Ihrer Majestät auffassen, deren Ehre wir uns geschworen haben bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen.“

      „Jawohl!“ schrie Matt Davies und hämmerte seine Hakenprothese auf die Schanktischplatte, daß die Gläser tanzten. „Bis zum letzten Blutstropfen! Ein Hundsfott, wer unsere Königin beleidigt!“

      Nathaniel Plymson gehorchte und hatte weiche Knie. Der Pudel auf seiner Glatze badete in Schweiß. Es blieb nicht bei den sechs Doppelten. Sie vermehrten sich in geradezu unheimlicher Weise. Eine leere Flasche reihte sich an die andere.

      Sie tranken auf den Schimpansen Arwenack, sie tranken auf den Papagei Sir John. Sie tranken auf ihren Kapitän und auf seinen ersten Offizier, auf die „Rübenschweinchen“ Hasard junior und Philip junior. Sie tranken auf jeden der Crew und auf sich selbst. Sie ließen Doc Freemont hochleben und dreimal dazwischen Ihre Majestät die Königin. Da brüllte Nathaniel Plymson kräftig mit, aber sie fanden immer neue Gründe, um ihm weitere Whiskyflaschen abzuluchsen. Vor Verzweiflung ergab sich auch Nathaniel Plymson dem Suff, denn alles gönnte er den Kerlen weiß Gott nicht.

      Daß er den trunkfesten Kerlen der „Isabella“ – was die Quantität betraf – keineswegs gewachsen war, ging ihm dabei nicht auf. Aber darauf hatten die es ja angelegt. Und als Nathaniel Plymson nach zwei Stunden mit stieren Augen umkippte, räumten sie ihn beiseite, und Smoky übernahm den Ausschank.

      Er hatte „Plymmys“ Perücke aufgesetzt und hielt die gesamten Zecher in der „Bloody Mary“ frei.

      Nach Mitternacht schlingerten er, Gary Andrews, Pete Ballie und Luke Morgan zurück zur „Isabella“ – voll bis zur Ladeluke.

      Matt Davies, Stenmark und Sam Roscill hingegen lenzten weiter, kippten auch dem Stör ein paar Humpen Wein zwischen die Kiemen, der dem wieder aus dem Bauch herauslief, schäkerten mit „Plymmys“ Ladys, die der Dicke ja zur Kurzweil seiner männlichen Gäste angeheuert hatte, und zogen ihrerseits wiederum erst zwei Stunden nach Mitternacht ab.

      Immerhin waren sie noch auf den Beinen. In der „Bloody Mary“ lagen Männlein und Weiblein flach, schnarchend und voll des freigenossenen Alkohols. Ein Minus hinterließ das Zechgelage natürlich in des dikken Plymsons Kasse. Aber Smoky hatte gemeint, es sei „Plymmys“ vaterländische Pflicht gewesen, den Seehelden Englands Whisky zu kredenzen – und eine Ehre obendrein.

      „Wir sind die Letzten, die am Feind geblieben!“ sang Matt Davies, als sie eingehakt Richtung der „Isabella“ schaukelten.

      Gegen die zwölf Männer, die wie aus dem Boden gewachsen um sie herum auftauchten, hatten sie keineswegs böse Absichten. Aber die Kerle waren mit Schlagstöcken und Belegnägeln bewaffnet, schauten grimmig drein und bildeten einen festen Ring um die drei Seewölfe.

      „Die


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