Makabrer Augustfund im Watt. Manfred Eisner
der erneuten Unterstützung durch Nilis Team und betraut Boie Hansens Dienststelle mit der Begleitung Anneke Schraders samt deren Computer nach Itzehoe, damit die KTU ein Phantombild erstellen und ihren Chatverlauf auswerten kann. Ebenso will er das Elmshorner Polizeirevier bei der Suche nach dem Täter und dessen Fahrzeug einbeziehen.
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Nili und Waldi verabschieden sich und begeben sich auf den Weg nach Kiel. Waldi will von Nili Genaueres über die anstehenden Ermittlungen erfahren.
»Ich bin hundertpro deiner Meinung, meine liebe Schnuggelfrau, dass es allerhöchste Zeit ist, dass wir uns dieser grausamen Fälle ernsthaft annehmen. Mittlerweile häufen sich die haarsträubenden Kriminalitätsfälle an Minderjährigen, die sich vorwiegend im Dunkelnetz abspielen. Ich will keineswegs die Meriten deiner beiden IT-Spezialisten schmälern, aber sie sollten dabei unbedingt auf die Unterstützung durch unsere Zentrale Ansprechstelle Cybercrime 10 im LKA zurückgreifen, denn dort haben sie es mit versierten Ansprechpartnern rund um die Internetkriminalität zu tun. Ich spreche nicht gern darüber, aber es steht zu befürchten, dass uns der liebenswerte Herr Fachinspektor Csmarits in nicht allzu langer Zeit wieder verlassen wird. Unser Chef erwähnte neulich, dass für ihn eine Beförderung ansteht. Das könnte bedeuten, dass man ihn ins Burgenland zurückbeordert. Auch Österreich rüstet im Kampf gegen Cyberkriminalität auf und braucht jede Menge Spezialisten wie Ferdl. Er hat Timo Bohn bisher prima angeleitet. Der wiederum hat sich in die Thematik zwar eingefuchst, jedoch fehlt es ihm noch an Erfahrung.« Waldi hält kurz inne, bevor er fortfährt: »Da ist noch etwas sehr Wichtiges. Ich muss euch ausdrücklich auf die persönlichen Gefahren für jeden – und dies gilt auch für unsere Beamten! – hinweisen, der sich in kinderpornografische Seiten im Internet einloggt, denn das ist strafbar. Sie oder er könnte dabei leicht in die Fänge von ZAC und Konsorten geraten, die nach solchen und anderen unlauteren Usern im Netz Ausschau halten. Einige Kollegen in anderen Bundesländern sind in arge Schwierigkeiten geraten, weil sie eigenmächtig versucht haben, diesen Tätern auf die Spur zu kommen. Unsere ZAC kooperiert eng mit speziell ausgebildeten und mit topaktueller Technik ausgestatteten Internetspezis. Darüber hinaus koordiniert die Ansprechstelle länderübergreifende Cybercrime-Ermittlungen im Falle von Angriffen gegen Unternehmen und Behörden. Darunter fallen beispielsweise Hacking, Datenklau und -veränderungen sowie digitale Erpressungen. Zudem besteht ein ständiger Kontakt mit den koordinierenden Experten im BKA und diese wiederum tauschen sich mit ebensolchen Abteilungen von Europol aus. Die Server der Missetäter befinden sich zumeist im Ausland, und an unseren Grenzen enden demnach leider auch unsere Möglichkeiten zur Strafverfolgung. Wir sollten also zwingend deren Unterstützung und Support nutzen. Um wie viele Cold Cases von misshandelten beziehungsweise vermissten Kindern handelt es sich denn?« Er sieht Nili fragend an.
»Das kann ich noch nicht genau sagen, Waldi. Tatsächlich habe ich Annekes Fall zum Anlass genommen, meinen Stapel zu durchforsten, und habe nur einen weiteren Fall gefunden. Daraufhin bat ich die Kollegen um Durchsicht ihrer Aktenberge. Ich denke, heute Mittag kann ich dir die genaue Zahl nennen. Würdest du bitte mit unserem Boss Heidenreich darüber sprechen, damit er das absegnet? Dann könnte ich auch die Itzehoer Kollegen darum bitten, Rücksprache mit dem Kreisjugendamt zu halten. Dort sind womöglich aktuelle Fälle von Kinderpornografie und Misshandlungen bekannt, die uns bisher nicht gemeldet wurden. Jedenfalls vielen Dank für die ausführliche Info über unsere ZAC. Ich werde mein Team entsprechend instruieren, damit sie vorsichtig sind. Du kennst ja Ferdl. Der würde sich vermutlich sofort mit Begeisterung ans Werk machen. Übrigens jammerschade, wenn es denn mit ihm so kommt, wie du gesagt hast. Er würde uns sehr fehlen, denn wir alle haben ihn wirklich lieb gewonnen!«
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Es ist bereits fünfzehn Uhr an diesem Nachmittag, als sich Nili, Waldi und KOK Otmar Krey, Fachbearbeiter Kinderpornografie in der Cyberkriminalitätszentrale, im Arbeitsraum des Leiters von LKA-Abteilung 2, Kriminaloberrat Andreas Heidenreich, versammeln. Während des Mittagessens in der Kantine hat Nili ihrem Waldi die Liste der ausgewählten Cold Cases vorgelegt, die sie und ihre Mitarbeiter unter den ungelösten Fallakten gefunden hatten. Vom Kriminaloberrat zur Berichterstattung aufgefordert, trägt Nili vor: »Wir haben erst einmal fünf Fälle herausgesucht, die den Amtsbereich der Staatsanwaltschaft Itzehoe – also die Kreise Dithmarschen, Pinneberg und Steinburg – betreffen, zumal Staatsanwalt Doktor Kramer heute Vormittag unseren Dezernatsleiter Doktor Mohr ausdrücklich darum gebeten hat. Darunter sind die seit einigen Jahren als vermisst gemeldeten Pascal Heger, sechs Jahre alt, aus Elskop, Mia Martens, ebenfalls sechs, aus Krempe, und Alina Kühl, acht, aus Herzhorn. Die ersten beiden sind seit drei, die dritte seit anderthalb Jahren aus ihren Elternhäusern verschwunden. Dann haben wir noch zwei ältere Jugendliche, beide allerdings schon seit mehr als fünf Jahren vermisst: die aus Bekmünde stammende Frisörauszubildende Saskia Bürger, damals siebzehn Jahre alt, und der Bäckerlehrling Justin Graf, damals ebenfalls siebzehn, aus Brunsbüttel. In sämtlichen Fällen führten die Ermittlungen mangels relevanter Spuren in eine Sackgasse und wurden schließlich als unerledigt abgelegt.«
Abteilungsleiter Heidenreich nickt und fragt: »Ich weiß ja, liebe Frau Masal, dass Sie dank Ihrer besonders ausgeprägten Wahrnehmungsfähigkeiten bereits einige knifflige Cold Cases erfolgreich aufdecken konnten. Dennoch würde ich gern von Ihnen erfahren, was Sie zu der konkreten Annahme veranlasst, dass es Ihrem Team gelingen könnte, gerade diese älteren Fälle zu lösen. Ich meine, soweit ich das beurteilen kann, waren doch stets kompetente Sonderkommissionen mit diesen Ermittlungen beauftragt.«
»Das ist wohl richtig, Herr Kriminaloberrat. Ohne auf die weiteren Details der hier aufgeführten Fälle eingehen zu wollen, fielen uns jedoch bei näherer Akteneinsicht einige Aspekte beziehungsweise mögliche Spuren auf, die man – warum auch immer – nicht verfolgt hat. Zuallererst der geografische Aktionsradius der drei ersten Orte, der anscheinend bisher kaum beachtet wurde, liegen doch diese nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Da diese Fälle von drei unterschiedlich zusammengestellten SOKOs bearbeitet wurden, hat man den Zusammenhang womöglich übersehen. Wir mutmaßen, dass die Taten einem Täter oder einer Gruppe von Tätern zuzuordnen sind. Zudem verfügen wir heute über weit mehr kriminaltechnische Hilfsmittel als die Kollegen vor einigen Jahren. Ich bin zudem dankbar, dass wir mit der Unterstützung eines versierten Kollegen der ZAC rechnen können, wissen wir doch, dass sich viele dieser Delikte hinter den obskuren Kulissen der illegalen Netzwerke abspielen und dort verbreiten. Es ist vor allem dieses Ass, das es auszuspielen gilt!« »Nun gut, Frau Masal, dann gehen Sie zunächst den drei erwähnten Fällen nach. Geben Sie mir bitte eine kurze Übersicht der relevanten Daten, damit ich das Plazet der Staatsanwaltschaft einholen kann. Schließlich kam von dort der damalige Beschluss, diese Akten zu schließen. Sie können aber bereits loslegen. Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg!«
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»Okay, Leute«, verkündet Nili und begrüßt ihr Team mit einem kurzen Nicken, »wir haben grünes Licht von oben, zumindest was das erste traurige Trio betrifft. Seht euch diese Akten noch einmal ganz genau an, denn ich bitte jeden von euch, die Auffälligkeiten aufzulisten. Wie viel Zeit braucht ihr?«
Robert meldet sich zu Wort. »Ich denke, wir werden zumindest den morgigen Tag benötigen, um alles gewissenhaft durchzuarbeiten. Was halten Sie davon, Nili, wenn wir uns dafür in zwei Gruppen aufteilen?«
Nili nickt. »Finde ich sehr gut, Robert. Prima Ansatz! Dann tun Sie sich bitte mit Margret zusammen, und Sie, Ferdl, bilden mit Timo ein Team.« Sie blickt fragend in die Runde und vergewissert sich, dass alle einverstanden sind. »Also legen Sie los! KOR Heidenreich bat um eine zusammenhängende Auflistung der betreffenden drei Fälle, um die Genehmigung der Staatsanwaltschaft zu deren Wiederaufnahme einzuholen. Ich bitte Sie dann auch, diese morgen Herrn Doktor Mohr zu überreichen. Ich werde in der Zwischenzeit den Itzehoern im Fall Anneke Schrader unter die Arme greifen. Wir machen jetzt für heute Feierabend, damit wir morgen alle gut ausgeschlafen sind.«
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Am nächsten Morgen läutet Nilis Telefon. Sie nimmt das Gespräch entgegen.
»Guten Tag, Frau Masal, hier spricht Frau Doktor Rafaela Hincke von der Hamburger Staatsanwaltschaft. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch an mich erinnern?«
Nili denkt nach. Dann fällt ihr ihre Recherche über den Kokainschmuggel