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mit ihm in der Idee, welche in der Zeit durch das Band der Zeugung sich darstellt, uns Alle des Leidens und des ewigen Todes theilhaft macht: dagegen symbolisirt sie die Gnade, die Verneinung des Willens, die Erlösung, im menschgewordenen Gotte, der, als frei von aller Sündhaftigkeit, d. h. von allem Lebenswillen, auch nicht, wie wir, aus der entschiedensten Bejahung des Willens hervorgegangen seyn kann, noch wie wir einen Leib haben kann, der durch und durch nur konkreter Wille, Erscheinung des Willens, ist; sondern von der reinen Jungfrau geboren, auch nur einen Scheinleib hat.« (W I 500; vgl. a. W II 666, 679 u. 712) Die Leiden aber, welche die Bejahung des Willens nach sich zieht, interpretiert Schopenhauer als Strafe für die Schuld, die sie beinhaltet. Angesichts dieses Befundes überrascht es nicht weiter, daß er im Zustand, in welchem der Mensch den Willen zum Leben bejaht, letzten Endes einen »Wahn« (W I 359 u. W II 709) erblickt.

      Bewußtsein Schopenhauer gebraucht den Begriff des Bewußtseins, um das Gesamt der mentalen Zustände zu bezeichnen, die von jemandem erlebt werden.23 Dabei setzt er das Bewußtsein entweder mit der Vorstellung gleich (vgl. W I 87) oder nähert es dadurch an sie an, daß er in der Vorstellung die »erste[] Thatsache des Bewußtseyns« (W I 65) erblickt. Daß beide Begriffe mehr oder weniger dasselbe meinen, geht auch daraus hervor, daß Schopenhauer dem Bewußtsein de facto dieselbe Struktur wie der Vorstellung zuschreibt. In Anlehnung an Reinhold und Fichte betont Schopenhauer, daß sich beides – Bewußtsein wie Vorstellung – durch eine apriorische Korrelation zwischen einem subjektiven und einem objektiven Pol auszeichnet: »Denn Bewußtseyn besteht im Erkennen: aber dazu gehört ein Erkennendes und ein Erkanntes […]. Wie nämlich kein Objekt ohne Subjekt seyn kann, so auch kein Subjekt ohne Objekt, d. h. kein Erkennendes ohne ein von ihm Verschiedenes, welches erkannt wird.« (W II 235) Ähnlich heißt es von der Vorstellung, daß ihre »erste wesentlichste Grundform das Zerfallen in Objekt und Subjekt ist« (W I 65).24

      Innerhalb des Bereichs des Bewußtseins unterscheidet Schopenhauer zwischen dem Bewußtsein äußerer Dinge einerseits und dem – auf innere Zustände gerichteten – Selbstbewußtsein anderseits. So stellt er fest, daß das Bewußtsein »in das Bewußtseyn des eigenen Selbst (Selbstbewußtseyn) und in das Bewußtseyn anderer Dinge (äußere Anschauung) zerfällt« (W II 99; vgl. a. W II 234 f., 286 u. 435).25 In diesem Zusammenhang vertritt Schopenhauer die Auffassung, das Selbstbewußtsein habe in erster Linie die willentlichen Regungen des Subjekts bzw. seinen Willen zum Inhalt: »Jeder wird, bei Beobachtung des eigenen Selbstbewußtseyns bald gewahr werden, daß sein Gegenstand allezeit das eigene Wollen ist.« (E 51) Im Vergleich zum Selbstbewußtsein beziehe sich das Bewußtsein der äußeren Dinge auf eine Vielzahl von Gegenständen und sei daher »von unserm gesammten Bewußtseyn überhaupt der bei weitem größte Theil« (E 50).

      Beide Komponenten des Bewußtseins treffen, wie Schopenhauer erläutert, in einer Instanz zusammen, die er als das »Ich« bezeichnet: »[D]er Indifferenzpunkt Beider […] wäre das Ich, welches, als gemeinschaftlicher Endpunkt, Beiden angehört.« (W II 236) Ferner zeichnet sich das Bewußtsein nach seiner Auffassung auch insofern durch Einheit aus, als es sich – angesichts des Wechsels seiner Zustände – als identisch durchhält: »Ein Bewußtseyn aber ist wesentlich ein einheitliches und erfordert daher stets einen centralen Einheitspunkt.« (W II 292; vgl. a. W I 61) Damit nimmt Schopenhauer eine Position ein, die im großen und ganzen mit Kants Lehre von der synthetischen Einheit der Apperzeption in eins fällt (vgl. W II 293).

      Im Gegensatz zu Kant stuft Schopenhauer das Bewußtsein allerdings nicht einfach nur als Bedingung der Möglichkeit der Erkenntnis ein, sondern er wirft darüber hinaus die Frage auf, wodurch das Bewußtsein seinerseits bedingt ist. Ausgangspunkt dieser – anthropologisch gemeinten – Frage ist die Beobachtung, daß Bewußtsein in aller Regel an einen Körper gebunden ist: »Das Bewußtseyn ist uns schlechterdings nur als Eigenschaft animalischer Wesen bekannt: folglich dürfen, ja können wir es nicht anders, denn als animalisches Bewußtseyn denken; so daß dieser Ausdruck schon tautologisch ist.« (W II 237; vgl. a. P II 296)26 Mehr noch, Schopenhauer ist überzeugt, daß Bewußtsein nicht nur in Verbindung mit einem Körper auftritt, sondern daß es den Bedürfnissen desselben dient und seine jeweilige Beschaffenheit durch sie bestimmt ist. So legt Schopenhauer dar: »Die Nothwendigkeit des Bewußtseyns wird […] dadurch herbeigeführt, daß, in Folge der gesteigerten Komplikation und dadurch der mannigfaltigeren Bedürfnisse eines Organismus, die Akte seines Willens durch Motive gelenkt werden müssen, nicht mehr […] durch bloße Reize. […] Im vernünftigen Intellekt aber erfahren sie hiezu überdies noch eine weitere Verarbeitung durch Reflexion und Ueberlegung.« (W II 292 f.; vgl. a. W II 326) Freilich geht Schopenhauer noch einen Schritt weiter. Angesichts der Tatsache, daß er den Körper als Erscheinung des Willens deutet, gelangt er zum Ergebnis, daß das Bewußtsein nicht allein durch den Körper, sondern letztlich auch – auf dem Umweg über den Körper – durch den Willen bedingt ist: »Die Erkenntniß überhaupt […] geht also ursprünglich aus dem Willen selbst hervor, gehört zum Wesen der höhern Stufen seiner Objektivation, als eine bloße μηχανη, ein Mittel zur Erhaltung des Individuums und der Art, so gut wie jedes Organ des Leibes.« (W I 204; vgl. a. W II 165 u. 325 ff.)

      Vergegenwärtigt man sich, daß Schopenhauer lehrt, das Bewußtsein hänge vom Körper und dieser wiederum vom Willen ab, so könnte man sagen, er stufe das Bewußtsein im Verhältnis zu jenem als sekundär und im Verhältnis zu diesem sogar nur als tertiär ein. Nun aber betont Schopenhauer, daß sein Ansatz unterschiedliche, einander wechselseitig korrigierende Perspektiven in sich vereine. Im wesentlichen sind dies eine transzendentalphilosophische, eine anthropologische sowie eine willensmetaphysische Perspektive. Geht man von der erstgenannten aus, so bietet sich das Bewußtsein als der Ursprung der Philosophie dar: »Nur das Bewußtseyn ist unmittelbar gegeben, daher ist ihre Grundlage auf Thatsachen des Bewußtseyns beschränkt: d. h. sie ist wesentlich idealistisch.« (W II 11) Aus dieser Perspektive ist das Bewußtsein natürlich auch Grundlage für die Erkenntnis des Körpers sowie des Willens. Umgekehrt betont Schopenhauer: »Allerdings nämlich steht dem subjektiven Ausgangspunkt ›die Welt ist meine Vorstellung‹ vorläufig mit gleicher Berechtigung gegenüber der objektive ›die Welt ist Materie‹, oder ›die Materie allein ist schlechthin‹ […], oder ›alles Existirende ist Materie‹.« (W II 22) Aus dieser Sicht böte sich das Bewußtsein als Funktion des Körpers bzw. des Gehirns dar und wäre nicht primär, sondern sekundär. Schopenhauer hält beide Betrachtungsweisen für einseitig und fordert, daß sie »in Uebereinstimmung gebracht werden müssen« (W II 318). Nimmt man schließlich den Willen als Ding an sich hinzu, so verschieben sich die Gewichte noch einmal, und das Bewußtsein rückt im Verhältnis zum Körper und zum Willen an die dritte Stelle. Aus der Perspektive der Metaphysik des Willens stellt Schopenhauer fest: »Dieses erkennende und bewußte Ich verhält sich zum Willen, welcher die Basis der Erscheinung desselben ist, wie das Bild im Fokus des Hohlspiegels zu diesem selbst, und hat, wie jenes, nur eine bedingte, ja eigentlich bloß scheinbare Realität. Weit entfernt, das schlechthin Erste zu seyn […], ist es im Grunde tertiär, indem es den Organismus voraussetzt, dieser aber den Willen.« (W II 325; vgl. a. N 220)

      Bewußtsein, besseres Der Begriff des besseren Bewußtseins steht im Zentrum von Schopenhauers frühen, in die Jahre vor 1814 fallenden Überlegungen zur Erlösung, die im Handschriftlichen Nachlaß dokumentiert sind. Bereits in einem Aphorismus, der wohl 1808 oder 1809 verfaßt wurde, sieht Schopenhauer die Aufgabe der Philosophie darin, dem Menschen durch den Aufstieg in einen Bereich jenseits der Außenwelt zu Trost zu verhelfen: »Alle Philosophie und aller Trost, den sie gewährt, läuft darauf hinaus, daß eine Geisterwelt ist und daß wir in derselben, von allen Erscheinungen der Außenwelt getrennt, ihnen von einem erhabenen Sitz mit größter Ruhe ohne Theilnahme zusehen können, wenn unser der Körperwelt gehörender Theil auch noch so sehr darin herumgerissen wird.« (HN I 7 f.)

      Den beiden genannten Bereichen ordnet Schopenhauer – im Sinne einer »Duplicität des Bewußtseyns« (HN I 68 u. 136 f.) – zwei Arten des Bewußtseins zu, die in der »Identität Eines Ichs verknüpft« (HN I 68) seien. Während der empirischen Wirklichkeit das »empirische Bewußtseyn« entspreche, sei das »bessere Bewußtseyn« auf die höhere, die empirische überbietende Wirklichkeit gerichtet. In diesem Zusammenhang


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