Dr. Daniel Staffel 7 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Staffel 7 – Arztroman - Marie Francoise


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in den OP«, ordnete Dr. Daniel an, und die Nachtschwester Irmgard Heider kam seiner Aufforderung schnellstens nach. Dr. Daniel lief neben der fahrbaren Trage her, bog dann aber in den Waschraum ab.

      »Informieren Sie den Oberarzt!« rief er Irmgard noch nach, bevor sich die Schwingtüren hinter ihm schlossen.

      Die Gynäkologin der Klinik, Dr. Alena Reintaler, war gerade dabei, sich die Hände zu schrubben. Während Dr. Daniel es ihr gleichtat, schilderte er in knappen, präzisen Worten den Fall. Dann ließen sich die Ärzte von der OP-Schwester Petra Dölling die keimfreien Handschuhe überstreifen.

      »Tubus ist drin«, meldete Dr. Parker. »Sie können gleich anfangen.«

      Rasch und geschickt setzte Dr. Daniel den Bauchschnitt. Als er den Uterus öffnete, schoß ihm ein Schwall Blut entgegen.

      »Blutgruppenbestimmung und Kreuzprobe«, ordnete Dr. Daniel an. »Anschließend Transfusion einleiten.«

      Dr. Parker kam dieser Aufforderung umgehend nach, während Schwester Petra das Blut absaugte, um Dr. Daniel freie Sicht auf das Operationsfeld zu verschaffen.

      »Unvollständiger Abort«, erklärte Dr. Daniel und ging schon daran, die in der Gebärmutter zurückgebliebenen Reste der Planzenta zu entfernen. Die Blutung kam allmählich zum Stillstand.

      »Blutdruck achtzig zu fünfzig«, meldete Dr. Parker.

      Dr. Daniel nickte nur. Mit solchen Werten hatte er aufgrund des hohen Blutverlustes rechnen müssen.

      »Sie verliert kein Blut mehr, und mit Hilfe der Transfusion müßten die Werte langsam besser werden«, meinte er, während er begann, die fast orangengroße Geschwulst aus der Muskulatur der Gebärmutter zu entfernen.

      »Meine Güte«, stieß Alena hervor. »Die ist ja riesig.« Sie warf Dr. Daniel einen kurzen Blick zu. »Ich will Sie nicht kritisieren, Robert, aber… hätten Sie eine so große Wucherung nicht bei der Schwangerschaftsvorsorge ertasten müssen?«

      »Das ist es ja, was mir Sorgen macht«, entgegnete Dr. Daniel. »Vor vier Wochen gab es diese Geschwulst noch nicht, sonst hätte ich sie mit Sicherheit ertastet.«

      Alena wußte, was diese Antwort bedeutete. »Sie ist doch noch so jung.«

      Dr. Daniel nickte. »Und sie hat ein kleines Kind.«

      In diesem Moment trat der Oberarzt Dr. Gerrit Scheibler in den Operationssaal.

      »Sie haben mich rufen alssen, Robert?«

      »Einen Moment noch, Gerrit«, bat Dr. Daniel, dann gelang es ihm endlich, die Geschwulst aus der Uteruswand zu lösen. »Untersuchen Sie das bitte, und… ich wünsche mir einen negativen Befund. Hoffentlich müssen Sie nicht sagen, daß diese Frau Krebst hat.«

      »Wir werden sehen«, entgegnete der Oberarzt schon im Hinausgehen.

      »Blutdruck steigt langsam«, meldete sich Dr. Parker zu Wort.

      Dr. Daniel nickte. Der momentane Zustand seiner Patientin war zufriedenstellend. Weit mehr Sorge bereitete ihm jetzt das Ergebnis der Gewebeuntersuchung, die Dr. Scheibler durchführte. Das Resultat war durchaus nicht zufriedenstellend.

      »Ich würde sagen, der Befund ist negativ«, erklärte Dr. Scheibler, als er in den Operationssaal zurückkehrte.

      Dr. Daniel runzelte die Stirn. Eine solche unklare Bemerkung hatte er von dem Oberarzt bisher noch nie gehört.

      »Was soll das heißen, Gerrit? Ist der Befund nun negativ oder nicht?«

      »Ich weiß es nicht«, gestand Dr. Scheibler. »Ich bekomme kein eindeutiges Ergebnis, und ich will ganz ehrlich sein – ich weiß nicht, woran das liegt. Wir können die Gewebeprobe nur einschicken und im histologischen Institut untersuchen lassen. Ich habe bei Gewebeuntersuchungen viel Erfahrung, aber für diesen Fall reicht sie leider nicht aus.«

      Dr. Daniel zögerte. Hätte es sich bei der Patientin um eine ältere Frau gehandelt, wäre ihm die Entscheidung für das, was jetzt zu tun war, leichter gefallen. Aber Diana war noch im gebärfähigen Alter, da konnte er ihr nicht einfach die Gebärmutter entfernen, nur um sicherzugehen, daß der Krebs – wenn er es wirklich war – nicht weiterwuchern würde. Bei einem negativen Befund des histologischen Instituts wäre die Entscheidung, die Gebärmutter nicht zu entfernen, richtig. Bei einem positiven Befund dagegen würde er Diana mit einer solchen Entscheidung womöglich zum Tode verurteilen.

      »Wie hoch schätzen Sie die Chance ein, daß Ihr ermittelter negativer Befund richtig ist?« wollte Dr. Daniel wissen.

      Dr. Scheibler überlegte kurz. »Sechzig zu vierzig, würde ich sagen.« Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Bitte, Robert, nageln Sie mich nicht fest. Ich weiß es nicht genauer.«

      »Diese Frau ist verlobt und möchte wieder heiraten«, erwiderte Dr. Daniel. »Im übrigen hat sie gerade durch eine Fehlgeburt ihr Baby verloren. Ein positiver Befund würde mich zu einer Totaloperation zwingen. Wäre das Ergebnis eindeutig negativ, könnte ich ihr die Gebärfähigkeit erhalten.«

      Dr. Scheibler war lange genug Arzt, um zu wissen, welche Gratwanderung das für Dr. Daniel war. Die Gefahr, eine falsche Entscheidung zu treffen, lag in einem solchen Fall auf der Hand.

      Der Oberarzt atmete tief durch. »Das Ergebnis war nicht eindeutig negativ und nicht eindeutig positiv. Es war… mehr negativ als positiv, etwas anderes kann ich Ihnen wirklich nicht sagen.«

      Sekundenlang schloß Dr. Daniel die Augen. Er wog alles gegeneinander ab – den unsicheren Befund, seine eigene Erfahrung mit gut- und bösartigen Tumoren. Dann rang er sich zu einer Entscheidung durch.

      »Alena, machen Sie die Patientin zu«, ordnete er an. »An-schließend kommt sie auf Intensiv. Ich werde die Nacht über bei ihr bleiben.«

      »Sie lassen den Uterus drin?« vergewisserte sich die junge Gynäkologin.

      Dr. Daniel nickte, dann wandte er sich dem Oberarzt wieder zu. »Gerrit, ich verlasse mich darauf, daß Sie die Gewebeprobe unverzüglich ins histologische Institut bringen – und zwar persönlich. Schon heute früh will ich den Befund haben.« Und dann kann ich nur hoffen, daß meine Entscheidung richtig war, fügte er in Gedanken hinzu.

      *

      Christina Walther erwachte mitten in der Nacht, ohne zu wissen warum. In der Wohnung war alles ruhig, und sie hatte auch nicht schlecht geträumt, abgesehen davon, daß sich ihre Träume Nacht für Nacht verdächtig glichen. In ihren Träumen spielte immer Rudi die Hauptrolle, und jeden Morgen nach dem Aufwachen wünschte sie sich, er würde es auch in ihrem wirklichen Leben wieder tun. Doch der Weg zu Rudi war ihr für immer versperrt, wie sie wußte.

      Christina berührte ihren Bauch, und plötzlich wußte sie, weshalb sie wach geworden war. Da war ein plötzlicher, stechender Schmerz gewesen, und jetzt verspürte sie ein seltsames Ziehen – es tat nicht wirklich weh, war aber irgendwie unangenehm. Langsam stand Christina auf und ging zur Toilette. Dabei spürte sie wieder diesen eigenartigen Druck im Bauch. Erst in diesem Moment bemerkte sie, daß sie vom Schlafzimmer zur Toilette eine Spur hinterlassen hatte. Erschrocken blicke sie nach unten und sah, wie beständig Blut auf den Boden tropfte.

      Eine Fehlgeburt, durchzuckte es sie. Ich muß in der Klinik anrufen…

      Doch sie blieb wie festgenagelt stehen. Eine Fehlgeburt. Wäre das nicht die Lösung ihrer Probleme? Ohne das Kind gäbe es für sie und Rudi vielleicht ja doch einen neuen Anfang. Ohne das Kind… aber… es war doch auch ihr Kind, nicht nur das von Alex.

      Noch immer stand Christina bewegungslos im Raum. Ein Schwindelanfall ergriff sie, sie fühlte Übelkeit aufsteigen und bemerkte, wie ihr Herz zu rasen begann. Von plötzlicher Angst ergriffen, taumelte sie zum Telefon. Sie wollte die Nummer der Waldsee-Klinik heraussuchen, fühlte aber, daß sie dazu nicht mehr in der Lage war. Sie sah nur noch verschwommen, dunkle Punkte begannen vor ihren Augen zu tanzen. Im nächsten Moment spürte Christina, wie sie mit den Knien auf dem Boden aufschlug. Wie blind griff sie um sich, erreichte nur durch Zufall das Telefon und ertastete mit zitternden Fingern


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