Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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glaubte ihm, weil sie ihm glauben wollte. Tonio aber dachte, leb wohl, Lucy. Er hatte sich nun entschlossen, Linda nach der ausgesprochenen Scheidung zu heiraten, weil er sich dazu einfach verpflichtet fühlte.

      *

      Nina konnte in Sophienlust nicht wirklich froh werden. Auch wenn sie lachte, blieben ihre Augen ernst. Denise nahm das Kind oft mit nach Schoeneich, um ihm das Gefühl zu geben, dass es eine Sonderstellung in Sophienlust einnehme.

      Auch Andrea, die sehr gut mit Kindern umgehen konnte, holte Nina häufig zu sich. In dem hübschen Landhaus des Tierarztes fühlte sich das Mädchen fast glücklich. Stundenlang spielte es mit den vier Dackeln oder saß bei Peterle und sah ihn ernst an.

      »Ich habe mir immer ein Brüderchen gewünscht, Peterle«, vertraute Nina dem Baby eines Tages an. »Aber nun kann ich keines mehr bekommen, weil ich keine Mutti mehr habe.«

      Peterle lachte übers ganze Gesicht.

      Die Dogge Severin stupste Nina freundschaftlich mit ihrer Schnauze an, und Nina streichelte ihren Kopf.

      Das Hausmädchen Betti erschien im Kinderzimmer. »Nina, Herr Koster fragt, ob du nicht zum Tierheim herüberkommen möchtest. Er will dir etwas Hübsches zeigen.«

      »O ja. Wo ist denn, Tante Andrea?«

      »Sie hilft dem Herrn Doktor in der Praxis.« Das Hausmädchen fasste Nina bei der Hand. Als die beiden über den großen Hof gingen, fegte ein Windstoß über sie hinweg. Einige herbstlich gefärbte Blätter schwebten zu Boden.

      »Ich glaube, das Wetter ändert sich«, meinte Betti.

      »Nick hat gesagt, dass es schon Herbst ist. Danach kommt der Winter. Und dann Weihnachten. Und …« Ninas Stimme brach, weil sie daran dachte, dass sie nie wieder mit ihrer Mutti zusammen Weihnachten feiern würde.

      »So, da sind wir«, erklärte Betti und übersah absichtlich Ninas kummervolles Gesichtchen. »Helmut, Nina ist da!«

      Betti war mit dem Tierpfleger verlobt. Die beiden hatten die Absicht, bald zu heiraten.

      »Nina, komm mit!«, rief Helmut Koster und fasste das Mädchen bei der Hand. »Ich will dir etwas zeigen.«

      Nina vergaß für ein Weilchen ihren Kummer, als sie eine bildhübsche Afghanenhündin mit vier kleinen Welpen erblickte.

      »Sie sind gerade auf die Welt gekommen.«

      »Sind die aber niedlich!«, rief Nina aufgeregt. »Aber sie sind alle blind«, fügte sie erschrocken hinzu.

      »Das sind die Welpen in den ersten Tagen meistens. Alle vier sind gesund. Das hat der Herr Doktor bestätigt.«

      »Darf ich mal eines nehmen?«, fragte Nina bittend.

      »Heute noch nicht, Nina. Weißt du, die Hundemutter würde sich sonst aufregen. Aber in drei bis vier Tagen darfst du sie streicheln. Wer kommt denn da?« Er blickte Waldi entgegen.

      Der langhaarige Dackel kam langsam näher und schnupperte. Dann winselte er leise und stemmte sich mit den Pfoten gegen das Gitter der Box, in dem die Afghanenhündin mit ihren Babys lag. Dann bellte er zufrieden.

      »Waldi fühlt sich ganz als Chef des Tierheims«, erläuterte Helmut Koster. »Er scheint die Geburt der Welpen gutzuheißen. Daisy, du brauchst nicht zu knurren«, wandte er sich an die Hundemutter. »Waldi tut deinen Kindern nichts.«

      Nina verbrachte den Nachmittag im Tierheim. Erst gegen Abend brachte Andrea sie nach Sophienlust zurück, wo sie den Kindern von den Welpen erzählte.

      Wie immer ging es beim Abendbrot fröhlich zu. Nina lachte an diesem Tag sogar einigemale. Frau Rennert und Schwester Regine sahen sich überrascht an, als sie das helle Lachen hörten.

      »Nina wird bald ihren Kummer überwunden haben«, raunte die Heimleiterin der Kinderschwester erleichtert zu.

      »Das hoffe ich auch. Die Kinder bemühen sich rührend um die Kleine. Ich habe heute Frau Köster getroffen. Nina ist in ihrer Klasse. Sie meinte, Nina sei sehr gescheit, aber unaufmerksam.«

      »Verständlich.« Frau Rennert seufzte tief auf. »Wenn Frau Hille wüsste, wie sehr sie der Entwicklung ihres Kindes schadet, würde sie ihr Verhalten bestimmt bereuen.«

      »Glauben Sie das wirklich? Ich halte Frau Hille für skrupel- und verantwortungslos. Aber das Schicksal wird sie schon strafen.«

      Darauf erwiderte die Heimleiterin nichts.

      Nach dem Abendessen durften die größeren Kinder noch ein wenig fernsehen, während die kleineren von Schwester Regine und Frau Rennert zu Bett gebracht wurden.

      Nina saß neben Pünktchen auf dem dicken Teppich vor dem Fernsehapparat und blickte fasziniert auf den Bildschirm. Tierfilme sah sie für ihr Leben gern.

      Dann aber, als ein Fuchs einen Hasen schlug, blickte sie schnell fort und flüsterte: »Das arme kleine Häschen!« Plötzlich fing sie an zu weinen.

      Irmela und Pünktchen trösteten sie, so gut sie konnten, aber Nina hörte nicht zu weinen auf. »Ich lauf mal schnell zu Schwester Regine«, flüsterte Irmela Pünktchen zu.

      Diese nickte.

      »Ich möchte zu meiner Mutti«, klagte Nina, als Schwester Regine erschien und sie an sich zog. »Ich habe so großes Heimweh.«

      »Sei ganz ruhig, mein Kleines«, tröstete die Kinderschwester. »Eines Tages wird alles gut werden.«

      Im gleichen Augenblick kam Frau Rennert. »Nina, soeben hat dein Vati angerufen. Er wird dich morgen hier besuchen und bringt auch deine große Freundin Lucy mit.«

      Nina hörte zu weinen auf. »Das ist aber schön. Und morgen brauchen wir ja auch nicht in die Schule zu gehen.«

      Die Köchin Magda kam mit einer Tasse Tee. »So, Nina, das ist für dich«, sagte sie. »Es ist süßer Pfefferminztee. Den trinkst du doch so gern.«

      »Ja, Magda.« Nina sah sich im Kreis um. Die Liebe, die sie hier in Sophienlust umgab, hüllte sie wie ein wärmendes Tuch ein. Kaum lag sie dann im Bett, schlief sie auch schon.

      Pünktchen legte sich ebenfalls nieder. Als Schwester Regine ihr einen Gute-Nacht-Kuss gab, schlang sie die Arme um deren Hals. »Mir tut Nina schrecklich leid«, wisperte sie.

      »Mir auch, Pünktchen.«

      »Glauben Sie, dass ihre Mutti wieder zu ihr zurückkommt?«

      »Ich hoffe es, Pünktchen.«

      »Vielleicht ist es besser, wenn man keine Eltern mehr hat. So wie ich. Dann braucht man nicht so traurig zu sein. Dann weiß man, woran man ist«, erklärte Pünktchen altklug

      »Ja, Pünktchen, das ist wahr.« Schwester Regine lächelte das Mädchen an und löschte das Licht. Dann verließ sie das Zimmer.

      Pünktchen dachte noch ein Weilchen über das Schicksal ihrer kleineren Freundin nach, aber dann schlief sie ebenfalls ein.

      *

      Peter fiel sogleich auf, dass Lucy irgendwie verändert war, als er sie am Samstagmorgen vom Hotel abholte, um mit ihr nach Sophienlust zu fahren. Ihm entgingen auch nicht die Schatten unter ihren Augen, der ernste Ausdruck darin. »Guten Morgen«, sagte er lächelnd und reichte ihr die Hand.

      »Guten Morgen, Peter. Sie sind pünktlich auf die Minute. Ich habe für Nina einen Stoffaffen gekauft.«

      »Da wird sie sich aber freuen. Und ich habe für sie eine Puppe gekauft mit allem Drum und Dran. Sogar ein Koffer ist dabei.« Er öffnete die Autotür. »Ich habe gestern Abend noch mit der Heimleiterin gesprochen. Sie ist der Meinung, dass Nina nicht mehr ganz so traurig ist. Trotzdem glaube ich, dass sie lange brauchen wird, um sich mit ihrem Los abzufinden. Nächste Woche ist der Scheidungstermin«, fügte er sehr viel leiser hinzu, als er sich ans Steuer setzte.

      »Hätten Sie ihn nicht noch hinauszögern können?«, fragte Lucy. »Vielleicht …«

      »Es


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