Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman - Michaela Dornberg


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liebte ihn doch über alles!

      Was war auf einmal nur los mit ihr?

      Lars brachte ihr den Kaffee, beugte sich danach zu ihr hinunter, gab ihr einen zärtlichen Kuss auf die Haare.

      »Für mich könnte in diesem Augenblick die Zeit stehen bleiben«, sagte er leise mit einer ernst klingenden Stimme. »Dann würde alles so bleiben, wie es jetzt ist.«

      Roberta hatte eigentlich von ihrem Kaffee trinken wollen, um ein wenig wach zu werden, doch sie stellte die Tasse wieder ab, weil ihre Hand zitterte.

      Er spürte es. Das wurde ihr in diesem Augenblick bewusst, und welch ein Glück, dass sie saß, denn diese Erkenntnis hätte ihr sonst den Boden unter den Füßen weggerissen. Er spürte etwas von dem, von dem sie selbst nicht wusste, was es war.

      In ihr war eine große Traurigkeit, für die es keine Worte gab.

      Roberta zuckte zusammen, als sie plötzlich seine Stimme vernahm, die sagte: »Bitte, bleib so, mein Liebes. Rühr dich nicht. Dieses Bild muss ich festhalten. Du hast noch niemals zuvor so wunderschön ausgesehen, ein wenig entrückt, nicht von dieser Welt … ich sag doch, dass du ein Engel bist.«

      Engel flogen davon!

      Warum kam ihr ausgerechnet das jetzt in den Sinn? Sie hatte wenig Ahnung von dem, was sich in den letzten Stunden ereignet hatte, richtiger gesagt, was mit ihr geschehen war.

      Er fotografierte sie, zeigte ihr die Bilder. Sie nahm es beinahe teilnahmslos hin, und sie musste sich mühsam zusammenreißen, um jetzt nicht zu weinen.

      Sie spürte, ohne den Grund dafür zu kennen, ja, sie konnte ihn nicht einmal ahnen, dass es mit ihnen niemals mehr so sein würde, wie es bislang gewesen war.

      »Das schönste dieser Fotos werde ich mir ausdrucken, und es für immer bei mir haben, es mir ansehen, wenn die Sehnsucht nach dir mich immer übermannt. Und glaub mir, mein Liebling, das passiert oft.«

      Sie blickte ihn an. Was für ein toller Mann er doch war, und diese unvergleichlichen blauen Augen, in die sie sich zuerst verliebt hatte.

      »Lars, du bist zu dem Leben, das du führst, nicht verpflichtet. Du lebst so, weil du es willst.«

      Er lachte.

      »Wie recht du hast, meine kluge Frau Doktor. Ich kann und will mir aber ein anderes Leben für mich nicht vorstellen. Es ist genau das, was ich mir wünsche, und deswegen muss ich auch Abstriche machen, mich einsam fühlen und sehnsuchtsvoll, weil ich nicht bei dir sein kann. Dafür ist es aber umso schöner, wenn wir zusammen sind. Unser Leben ist herrlich, weil es nicht vom Alltag aufgefressen wird.«

      Roberta biss rasch in ihr Brötchen mit Himbeermarmelade, um ihm keine Antwort geben zu müssen.

      Er wollte keinen Alltag, sie hätte ihn gern mit ihm. Wie sollte das auf Dauer klappen?

      Sie hatte darauf keine Antwort, weil sie sich ja noch nicht einmal im Klaren darüber war, was eigentlich plötzlich mit ihr los war.

      Sie schluckte ihr Brötchen herunter, spülte mit heißem, starkem schwarzem Kaffee nach, stellte die Tasse ab, dann sagte sie leise: »Lars, ich liebe dich über alles.«

      Das war nicht gelogen, daran gab es keinen Zweifel, und das würde sich auch niemals ändern. Seinem Seelenpartner begegnete man nicht so oft. Warum sie es ihm aber gerade jetzt sagte, da in ihr alles voller Aufruhr war, sie hatte keine Ahnung. Vielleicht hatte sie es ja auch nur gesagt, um sich selbst noch einmal vor Augen zu führen, dass sie ihn liebte.

      Er stand langsam auf, ging um den Tisch herum, zog sie zu sich empor, umfasste sie zärtlich, blickte ihr tief in die Augen sagte: »Und das ist etwas, woran ich niemals zweifeln würde. Unsere Liebe ist für die Ewigkeit bestimmt.«

      Nach diesen Worten küsste er sie, und Roberta spürte, wie in diesem Augenblick alle Zweifel schwanden, sich in Luft auflösten.

      Sie erwiderte seine Küsse, anfangs sanft und zärtlich, dann voller Leidenschaft.

      Als er sie losließ, setzte sie sich wieder, noch ein wenig benommen, das allerdings nicht wegen seiner Küsse, die wundervoll gewesen waren, die ihr gezeigt hatten, dass sie zusammengehörten.

      Nein, da war wieder etwas … dabei musste doch jetzt alles wieder gut sein, oder?

      *

      Nach der Abreise von Lars versuchte Roberta, sich zu beschäftigen, doch sie konnte sich mit nichts ablenken, nicht einmal mit einer Krankenakte, und das bedeutete bei ihr schon etwas. Normalerweise vergaß sie alles um sich herum, wenn sie sich in eine vertiefte, jetzt war sie kaum in der Lage, einen Satz zu Ende zu lesen.

      Es hatte keinen Sinn.

      Sie musste raus, doch es zog sie nicht zum See, sondern sie lief Richtung ›Seeblick‹, der an den Wochenende durchgängig geöffnet war, weil auch Wochenendausflügler kamen, die nicht essen wollten, denen es aber nach Kaffee und Kuchen war. Das war für Julia ein gutes Geschäft, das sie auf jeden Fall mitnahm. Auch wenn ihr Restaurant jetzt gut lief, war es nicht so, dass sie jetzt das Geld scheffelte. So ein Restaurant war sehr personalintensiv, und leider musste auch hier und da etwas weggeworfen werden, was ihr in der Seele wehtat, nicht nur, weil man Lebensmittel nicht wegwarf, wenn einem bewusst war, dass anderswo die Menschen hungerten. Nein, es war auch teuer, denn sie verwendete nur erstklassige Bioprodukte, und die kosteten entsprechend. Sie kalkulierte genau, doch es ließ sich einfach nicht verhindern, dass manches dann doch in der Tonne landete.

      Das Nachmittagsgeschäft am Wochenende war eine gute Nebeneinnahme, auf die hatte auch ihr Vorgänger nicht verzichtet.

      Als Roberta oben am ›Seeblick‹ ankam, standen nicht nur Autos auf dem Parkplatz, sondern auch jede Menge Fahrräder, einige Motorräder. Es hatte sich also bis zu den Bikern herumgesprochen, dass es hier guten Kaffee und sehr leckeren Kuchen gab, und dann war natürlich noch die atemberaubende Aussicht, die man von hier oben auf den See hatte. An sonnigen Tagen bekam man auf der großen Außenterrasse keinen freien Platz.

      Heute war das Wetter nicht gut genug, um draußen sitzen zu können, doch das machte nichts, im Restaurant war es gemütlich.

      Auch hier gab es kaum einen freien Platz, doch Julia Herzog schaffte den für ihre Stammgäste immer wieder, und dazu gehörte Roberta auf jeden Fall auch.

      »Frau Doktor, das ist aber eine schöne Überraschung«, begrüßte Julia sie, »an einem Samstagnachmittag habe ich Sie hier oben noch nie gesehen. Sie arbeiten ja immer, viel mehr als ich. Schön, dass Sie da sind.«

      Sie führte Roberta zu einem kleinen Tisch im Thekenbereich, und das erweckte bei Roberta Erinnerungen. An diesem Tisch hatte sie meistens gesessen, wenn sie zu Robertos Zeiten hier oben gewesen war. Da hatten Roberto und seine Susanne sich zwischendurch immer zu ihr setzen können, um mit ihr zu plaudern.

      Wie lange das schon wieder her war.

      Sie bekam auch ein schlechtes Gewissen, weil sie nicht eine der vielen Einladungen angenommen hatte, sie endlich in der Toscana zu besuchen. Es gab sogar ein kleines Gästehaus, in dem sie ganz für sich sein konnte.

      Vielleicht sollte sie sich wirklich endlich einmal aufraffen, zumal sie mit Roberto und Susanne befreundet war, obwohl Nicki ihn verlassen hatte. Doch das hatte ihrer Freundschaft keinen Abbruch getan. Die kleine Valentina war gewachsen, und Angelo, den Stammhalter, kannte sie nur von Fotos.

      Ja, es war keine schlechte Idee, in der wunderschönen Toscana, inmitten von alten Olivenbäumen und Weinstöcken würde sie zur Ruhe kommen.

      Sie zuckte zusammen, als Julia zu ihr an den Tisch kam, ihr den bestellten Kaffee brachte und sagte: »Ihren Kuchen bekommen Sie später, Frau Doktor. Erst einmal müssen Sie die Petite Fours probieren, meine neueste Creation,


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