Bright Horizon. H.J. Welch
finde es romantisch«, meinte Swift und warf dann hastig die Hände in die Luft. »So war das nicht gemeint«, stammelte er. »Äh… Darcy hat uns erklärt, dass ihr kein Paar seid oder so. Ich meinte nur die Situation, ganz allgemein. Alles stehen und liegen zu lassen, um nach London zu fliegen und einem Freund zu helfen. Eine Geschichte wie aus einem Abenteuerbuch.«
»Mir kommt es auch ein bisschen romantisch vor«, grummelte Leon, der an der Anrichte stand und Fleisch klopfte.
»Ben ist ein netter Kerl«, sagte Elias und wiederholte damit, was er sich selbst schon seit Tagen sagte. »Wir kennen uns schon seit anderthalb Jahren.«
Darcy zog eine Augenbraue hoch. »Vom Hallo sagen und Wechselgeld rausgeben. Das zählt nicht als kennen. Das ist noch nicht einmal ein Gespräch. Komm schon, Elias! Mit uns warst du noch nie in Urlaub. Gib schon zu, dass es außergewöhnlich ist.«
Sie wollte Elias damit nur necken, traf aber einen Nerv. Er gab sich Mühe, die Sache auf einer professionellen Ebene zu behandeln und zu vergessen, wie liebenswert er Ben insgeheim fand. Es war dumm. »Ich weiß«, antwortete er geduldig. »Aber ihr erinnert mich doch ständig daran, wie kurz das Leben ist und dass ich mich nicht von meinen Ängsten beherrschen und mehr wagen sollte. Das ist ein Abenteuer! Ich bin spontan!«
Swift drückte ihn am Arm. »Und das ist gut so, Kumpel.«
»Du hast ja recht«, gab Darcy zu und winkte ab. »Ich dachte nur eher an Grindr oder einen Salsa-Kurs, nicht an die verrückte Idee, mit einem viel jüngeren Mann über den Atlantik zu fliegen.«
»Ben ist… anders«, sagte Elias. Er wollte sich seine Verliebtheit nicht anmerken lassen. »Viel reifer, als ich erwartet hatte. Ich glaube wirklich, wir könnten Freunde werden.« Er trank einen Schluck von der Cherry Cola, die Micha ihm eingeschenkt hatte. »Aber das ist nicht der Punkt. Ich mache mir wirklich Sorgen, dass diese Leute ihn übers Ohr hauen wollen. Warum sollte ich also nicht meine Flugmeilen nutzen und ihm helfen?«
»Was können sie denn tun, um ihn übers Ohr zu hauen?«, fragte Leon, der immer noch mit ihrem Abendessen beschäftigt war. »Ich dachte, Ben hätte das Geld schon geerbt?«
»Nachdem sie diesen Mann geschickt haben, um Ben aus England fernzuhalten, befürchte ich, dass sie Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um es ihm wieder abzunehmen.« Elias schüttelte entschlossen den Kopf. »Und das werde ich auf keinen Fall zulassen.«
Alle Augen waren jetzt auf ihn gerichtet und er musste sich Mühe geben, um nicht nervös auf dem Stuhl hin und her zu rutschen.
»Ja, du hast recht«, sagte Darcy schließlich. Leon legte das Fleisch in die Pfanne und die Küche füllte sich mit köstlichem Bratenduft. »Es ist nur vernünftig.«
»Aber?« Elias ahnte schon, dass noch ein Aber kommen musste.
Darcy warf die Hände in die Luft. »Ich denke, dass… nun, ein kleines bisschen Romantik kann jedenfalls nicht schaden.«
Elias schnaubte. »Darcy, ich…«
»Elias.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Du hältst dich vielleicht für subtil, aber du erwähnst diesen Ben nicht zum ersten Mal.«
Elias spürte, wie ihm das Blut in die Wangen stieg. Er versuchte verzweifelt, es zu verhindern. Es wäre so verdammt peinlich, wenn man ihm seine dumme Verliebtheit anmerken würde.
»Weil er ein netter Kerl ist und ich gerne in der Bäckerei kaufe«, sagte er und hoffte, sich nicht allzu defensiv anzuhören.
»Oh ja, Rise and Shine ist prima!«, stimmte Swift ihm zu und warf Darcy und Leon Hilfe suchende Blicke zu.
Leon schnaubte. »Ja. Aber wir kaufen dort nur unsere Cupcakes.«
Darcy tätschelte Elias' Hand. »Du hast vielleicht das eine oder andere Mal auch erwähnt, wie… süß und nett Ben ist. Und wie hübsch seine Locken sind.«
»Und seine braunen Augen«, murmelte Leon grinsend, während er das Fleisch wendete.
Elias sah hilflos zwischen ihnen hin und her. Während Darcy und Leon entschlossene Gesichter machten, wirkten Swift und Micha eher hoffnungsvoll und begeistert. Rosie wedelte mit dem Schwanz über den Fußboden. Sie schien sich nicht entscheiden zu können, ob sie Elias beistehen oder zum Herd gehen sollte, wo Leons Steaks appetitlich in der Pfanne brutzelten.
»Leute«, sagte Elias. »Er ist dreiundzwanzig. Macht die Sache nicht peinlich.«
Swift biss sich verlegen auf die Lippen, aber Darcy beugte sich in ihrem Rollstuhl vor. »Süßer, niemand will dich in Verlegenheit bringen. Aber ich kenne dich schon sehr lange und wir sind gute Freunde. Also sage ich dir jetzt, dass der Altersunterschied keine große Sache ist. Ich weiß, ich habe gerade darüber gescherzt, wie jung er noch ist. Aber das liegt daran, dass ich manchmal ein Depp bin.«
»Das ist sie«, stimmte Leon seiner Frau zu und nickte ernst. Darcy zeigte ihm den Vogel.
Swift hob Michas Hand. Ihre Finger waren verschränkt. »Hey, Darcy hat recht. Ich bin auch sieben Jahre älter als Micha und wir passen perfekt zusammen.«
Micha lächelte verlegen über so viel Enthusiasmus. Die beiden beteten sich an. Leon machte ein Geräusch, als müsste er sich übergeben, dann zwinkerte er ihnen zu.
Was sollte Elias jetzt tun? Zugeben, dass sie recht hatten? Die Katze war sowieso aus dem Sack. Er seufzte. »Sieben Jahre und sechzehn Jahre sind ein gewaltiger Unterschied. Ich mag ihn einfach, aber mehr wird es nie werden. Ich will ihn nicht ausnutzen.«
»Hey… nein.« Leon ließ seinen Holzlöffel in die Pfanne fallen und sah ihn ernst an. »Ben ist ein erwachsener Mann. Er kann seine eigenen Entscheidungen fällen. Wenn er an dir interessiert ist, dann ist das in Ordnung und du nutzt ihn nicht aus.«
Micha nickte. »Ihr seid schwul«, sagte er und schaute sich am Tisch um, als wäre er unsicher, ob er seine Meinung äußern sollte. Aber Swift drückte ihm die Hand und er fuhr fort. »Ich kenne viele schwule Paare mit mehreren Jahren Altersunterschied. Wenn man weniger potenzielle Partner zur Auswahl hat, sollte man sich darüber nicht so viele Gedanken machen. Besonders, weil eine ganze Generation schwuler Männer… na ja, ihr wisst schon…«
Er biss sich auf die Lippen, aber Elias war ihm nicht böse, es angesprochen zu haben. Die schwule Gemeinschaft hatte während der AIDS-Krise so viele Verluste erlitten. Da war es nur natürlich, dass sie mit den Vorurteilen über Altersunterschiede, die in anderen Bereichen der Gesellschaft noch existierten, in stärkerem Maß Schluss gemacht hatte.
»Du hast recht«, sagte er zu Micha, weil er ihm nicht das Gefühl geben wollte, sich den Mund verbrannt zu haben. Aber seine Befürchtungen waren damit noch nicht zerstreut. Er hatte erwartet, dass seine Freunde ihn wegen seiner spontanen Reisepläne kritisieren würden. Er war aber nicht darauf vorbereitet gewesen, sich wegen seiner dummen Verliebtheit verteidigen zu müssen. »Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass Ben Gefühle für mich hegt. Und ich kann euch versprechen, dass mein Angebot, ihn nach England zu begleiten, nichts damit zu tun hat.«
»Guter Gott, nein«, rief Darcy alarmiert. »Das wäre auch unheimlich gewesen!«
»Aber…«, fügte Swift hinzu. »Wenn sich etwas zwischen euch anbahnt, während ihr im idyllischen England euren Abenteuern nachjagt, wäre das trotzdem verdammt romantisch.«
»Und wir würden euch unterstützen«, bestätigte Leon.
Darcy lächelte freundlich. »Du hättest es verdient, mein Liebster.«
»Es ist noch gar nicht so lange her, da hast du mir selbst gesagt, das Leben wäre zu kurz, um nicht jede Chance zu ergreifen«, sagte Swift mit einem liebevollen Blick auf Micha.
»Das war etwas ganz anderes«, grummelte Elias.
Zu seiner Überraschung zog Swift eine Augenbraue hoch und grinste ihn an. »Mag sein. Aber jetzt bist du an der Reihe.«
Elias schnaubte frustriert. Er hatte es ernst gemeint, als er zu Swift sagte, das Leben wäre zu kurz. Er versuchte selbst,