Now and then. Ella C. Schenk

Now and then - Ella C. Schenk


Скачать книгу
fiel es mir wieder ein. Er hatte mir Anfang der Woche von diesem erneuten Treffen erzählt. Schon seit Monaten bemühte er sich um dieses stinkreiche ältere Ehepaar, das sich für diese gigantische Wohnung interessierte. Klappte der Deal, würde es Geld regnen. Ich lugte auf meine Armbanduhr. Ja, für die würde er sich bestimmt Zeit nehmen.

      Ich stieß meinen angehaltenen Atem so geräuschlos wie möglich aus. Der Blick, den Mase seinem Bruder währenddessen zuwarf, entging mir nicht.

      Jer rückte augenblicklich ein paar Zentimeter von mir ab, ließ es sich jedoch nicht nehmen, mir noch einmal zuzuzwinkern.

      „Irgendwann lasse ich meinen Charme auf dich los, Süße. Freund hin oder her.“ Anschließend strich er sich mit Daumen und Zeigefinger über seinen Dreitagebart.

      Unsicher, was ich darauf antworten sollte, hüllte ich mich in Schweigen und wandte mich ab in Richtung Fensterfront und der noch immer telefonierenden Eliza.

      „Ist er zurzeit noch immer so angespannt?“

      Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass Mase sich über den Tisch näher zu mir lehnte. Ich sah ihn jedoch nicht an, sondern nickte nur knapp. Kurz darauf legte sich eine warme Hand auf meine Schulter und Jer flüsterte: „Er wird sich bestimmt bald wieder beruhigen. Sobald er diese Immobilie unter Dach und Fach hat, ist er wieder ganz der Alte.“

      Ja, ganz sicher.

      Dann krachte es neben mir, da Jer mit seinen Händen auf den Tisch schlug.

      „Verdammt, ich habe einen Bärenhunger, ich könnte ein Schwein verdrücken.“ Jer wäre nicht Jer, würde er nicht versuchen, die Stimmung zu lockern. Anschließend tätschelte er überspitzt seinen durchtrainierten Bauch und grunzte leise. Wie von selbst zogen sich meine Mundwinkel daraufhin etwas in die Höhe.

      „Bruder, du hast doch erst vor einer halben Stunde zwei Beerensmoothies verdrückt. Bist du schwanger, oder was?“

      Jer zuckte mit den Schultern. „Wer weiß, heutzutage ist doch alles möglich, nicht?“

      Und bevor ich noch tiefer in mein Selbstmitleid rutschte, schlug ich ihm gespielt schockiert auf seinen Oberarm.

      „Wäre bei dir nicht mal ’ne Überraschung, du Frauenheld.“ Obwohl ich es als Scherz meinte, wusste er, dass in dieser Aussage ein kleines Fünkchen Wahrheit lag. Denn Jer ließ einfach keine Gelegenheit aus. Und seit er als Fitnesstrainer arbeitete, lagen die Frauen ihm mehr denn je zu Füßen.

      Ganz im Gegensatz zu seinem Zwillingsbruder, der bald vor den Traualtar treten würde. Als würde er meine Gedanken lesen, griff er an seinen glänzenden silbernen Ring und lächelte verschmitzt. Kat, seine Verlobte, führte das kleine Bücherkaffee, welches direkt neben der Kanzlei und somit auch neben meinem Appartement lag.

      Ich wollte ihn gerade nach ihr fragen, als ein kalter Windhauch sich in meinem Nacken bemerkbar machte, und Eliza sich strahlend neben uns positionierte.

      „Hi Leute! Mit euch hätte ich heute ja so gar nicht gerechnet!“ Ihr letzter Blick in der Runde galt mir und ich wusste, dass sie auf unseren kleinen Disput von vorhin anspielte.

      Um die Wogen zu glätten, antwortete ich schnell: „Es wäre doch wohl kein Freitagnachmittag, würden wir ihn nicht hier bei dir verbringen, oder?“

      Sie schmunzelte kurz. „Stimmt. Das wirft jedoch die Frage auf … wann hatte ich zuletzt einen beschissenen Freitagnachmittag frei? Darüber muss ich mal mit Hodge reden.“ Daraufhin zog sie eine Schnute und verschränkte die zierlichen Arme vor ihrer weißen Arbeitsbluse.

      „Mensch Lizzy, bring uns doch lieber mal was zu essen, als uns die Ohren voll zu jammern.“ Es war Mase, der diese unheilvollen Worte aussprach, wenngleich sie als Scherz gemeint waren.

      Eliza funkelte ihn natürlich prompt an. „Mein Lieber. Noch mal so eine Aussage und du kriegst null Komma nix mehr hier, klaro?“

      Mase antwortete mit einem: „Ja, Mam.“

      Eliza drückte hoheitsvoll ihr Rückgrat durch, erst dann fragte sie: „So, was wollt ihr nun?“

      Die Burschen bestellten jeweils einen gemischten Salat und Zitronenwasser.

      Trotz Wiederholung der Frage blieb die Bestellung die gleiche.

      „Hä? Seid ihr jetzt auf Diät?“

      „Jaaaa, was soll´s. Der Hochzeitsanzug soll nicht zu eng werden. Man heiratet schließlich nur einmal im Leben.“ Mase strich sich über sein – zugegebenermaßen - stets wachsendes Wohlstandsbäuchlein.

      „Jep. Und ich als einer der Trauzeugen muss da mitziehen. Ungewollt, versteht sich.“ Jer verzog unzufrieden seine schmalen Lippen. Er hatte mit seinem trainierten Oberkörper gewiss keine Diät nötig.

      Mir drängte sich allerdings sogleich eine andere Frage auf. „Einer der Trauzeugen? Von einem zweiten war nie die Rede! Leute?“ Meine Stimme überschlug sich leicht bei dieser neuen Offenbarung. Und vor lauter Konzentration auf die Jungs merkte ich fast gar nicht, dass mir mein Getränk serviert wurde.

      „Du musst nicht immer alles wissen, Süße!“

      Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Eliza schnell einen Abgang Richtung Küche machte. Zu schnell. Da war doch was faul!

      „Ach, kommt schon. Es ist bestimmt … hmm.“ Ich tippte mir nachdenklich mit meinem Zeigefinger auf die Nase. „Kevin, stimmt’s?“

      „Kev? Nö, völlige Fehlanzeige.“ Mase schüttelte den Kopf.

      „Wieso? Seit du unterrichtest, ist er doch dein bester Buddy auf der Schule. Und außerdem hängt ihr ständig zusammen rum.“ Unruhig rutschte ich hin und her. Meine Neugierde wuchs.

      „Nein, ist er erstens nicht. Und zweitens: wir sind Arbeitskollegen und betreuen zusammen das Hockeyteam. Da verbringt man eben Zeit miteinander.“ Das letzte Wort zog er langsam in die Länge.

      „Dann sag mir, wer es ist.“

      „Ähm …“ Er tat so, als würde er überlegen, schüttelte dann aber energisch seinen Kopf. „Nein.“

      Schnaubend lehnte ich mich mit verschränkten Oberarmen zurück in die Lehne.

      Jer wandte sich mir zu. „Jetzt sei nicht so. Es ist eben eine Überraschung, okay?“

      „Eliza weiß es, stimmt´s?“

      Die beiden blieben mir eine Antwort schuldig, da mein Essen gebracht, und ihre Getränke serviert wurden. Doch die nervösen Blicke, die sie sich zuwarfen, konnte ich dennoch sehen. Musste ja ein riesiges Überraschungsei sein. Oh Mann!

      Ich setzte schon erneut zum Angriff an, als Mase mir den Wind aus den Segeln nahm: „Wie ist es, für Professor Peters zu arbeiten?“ Eine kleine Falte entstand zwischen seinen Augenbrauen.

      Ich nahm einen großen Schluck von meiner Cola und ließ mir lange Zeit mit der Antwort. Schließlich war mir vollkommen klar, dass es sich um ein Ablenkungsmanöver handelte. Ein ziemlich gutes allerdings.

      Ich seufzte ergeben. „Super. Sie ist so unglaublich wie immer. Nicht nur als Vortragende, sondern auch als Arbeitgeberin.“

      „Das ist schön zu hören, Liv, wirklich.“ Er warf seinem Bruder einen kurzen Blick zu. „Wir dachten anfangs, dass es dich vielleicht zu sehr an früher erinnert. Du weißt schon …, dass die enge Zusammenarbeit mit ihr vielleicht zu viel für dich wird.“ Mase senkte ein wenig betreten den Blick und Jer legte seinen Kopf schief.

      Kurz spannte ich mich an, bevor ich antwortete: „Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass sie mich nicht mindestens 100-mal pro Stunde an Joey erinnert. Doch das tat sie schon in den Kursen, bevor ich ihre Studienassistentin wurde.“ Ich atmete tief ein. „Aber es wird von Mal zu Mal leichter. Manchmal denke ich zurück, und die guten Erinnerungen überwiegen.“

      Darauf folgte erstmal Stille. Nur das Klappern von Besteck und leises Gemurmel der anderen Gäste waren zu hören.

      Unbewusst


Скачать книгу