Touched: Süchtig nach dir. Lea Mayance
mir leid, das ist im Moment nicht möglich. Rufen Sie bitte später wieder an«, antwortete der andere.
Klick. Aufgelegt. Sie schaute verdutzt das Telefon an. Wer war das gewesen? Vielleicht sein Manager? Sie ließ sich frustriert auf die Couch fallen, nahm die Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein. Beim Zappen blieb ihr fast das Herz stehen. Da war er. Lässig saß er auf der Couch eines bekannten deutschen Fernsehmoderators und ließ sich interviewen. Er hatte einen dunklen Anzug mit feinen Nadelstreifen an, dazu ein weißes Hemd, das bis zum dritten Knopf geöffnet war. Er sah umwerfend aus, schien extrem gut gelaunt zu sein, lachte viel und scherzte mit seiner Nachbarin auf der Couch, einer bekannten, gut aussehenden Sängerin aus den USA.
Greta spürte, wie ein Anflug von Eifersucht in ihr aufstieg. Es schien ihr nicht unüblich, dass nach der Show noch etwas zusammen getrunken wurde. Und dann war alles denkbar …
Sie schaute sich die Sendung bis zum Schluss an, wartete noch fünf Minuten und wählte dann erneut seine Nummer.
Es war wieder der andere Mann, der abnahm. »Yes?«
»Mein Name ist Greta Rosenbaum. Kann ich bitte mit Mr. O’Bannion sprechen?«, sagte sie mit klopfendem Herzen.
»Das ist leider nicht möglich. Kann ich ihm etwas ausrichten?«
»Ja! Dass ich ihn gerne sprechen möchte«, sagte sie, diesmal mit Nachdruck.
»Wer ist dran?«, hörte sie eine dunkle Stimme im Hintergrund.
Das Mikrofon des Handys wurde zugehalten und sie vernahm nur noch leises Gemurmel.
»Mr. O’Bannion wird Sie zurückrufen«, sagte der Mann wenige Sekunden später.
Zurückrufen? Sie glaubte nicht an einen Rückruf. Wahrscheinlich hält er das Ganze zwischenzeitlich für eine verrückte Idee und weiß nicht, wie er mich wieder loswerden soll.
Sie gab dem Mann zusätzlich zu ihrer Handynummer, die er ja auf dem Display sah, für alle Fälle ihre Festnetznummer und legte auf.
Desillusioniert saß sie auf dem Sofa, als zehn Minuten später das Telefon klingelte. Mit zitternden Fingern drückte sie auf den grünen Telefonhörer auf dem Bildschirm und nahm das Handy ans Ohr.
»Hi, Greta!« Die Stimme mit Gänsehautfaktor …
»Hi, Connor. Ich … es tut mir leid, dass ich so spät noch angerufen habe, aber ich habe dich im Fernsehen gesehen und dachte, es würde dir nichts ausmachen … Vielleicht sollten wir morgen …«
»Ist schon okay«, unterbrach er ihren Redefluss. »Was kann ich für dich tun?« Er klang distanziert; zwar freundlich, aber anders, als sie erwartet hatte.
Greta war verunsichert. Shit, was soll ich sagen?
»Nun, ich wollte fragen, ob dein Angebot noch steht.« Gespannt hielt sie die Luft an.
»Du meinst Berlin? Natürlich!«, sagte er, als stünde das außer Frage und wäre das Normalste von der Welt.
Greta ließ erleichtert die Luft aus ihrer Lunge strömen. »Ich hatte mir überlegt, dass ich dich doch gerne begleiten würde, wenn du es noch möchtest.«
»Ja, das ist toll.«
Sie hatte keine überschwängliche Freude erwartet, aber ein bisschen mehr als toll hätte es schon sein dürfen.
»Hör zu«, meinte er schnell, »ich rufe dich morgen wieder an. Dann können wir alles Weitere besprechen. Bye.«
Sie hatte noch nicht einmal mehr Zeit, sich zu verabschieden. Er hatte bereits aufgelegt. Was sollte das denn jetzt wieder? Er verhielt sich extrem merkwürdig.
Sie runzelte die Stirn und beschloss, ins Bett zu gehen. Aber an Einschlafen war nicht zu denken. Sie grübelte weiter über sein merkwürdiges Verhalten nach. Vielleicht ist gerade jemand bei ihm gewesen. Die gut aussehende Sängerin womöglich? Hat er deshalb so abrupt aufgelegt? Das ging sie wirklich nichts an, aber es wurmte sie, dass er so kurz angebunden gewesen war.
Gegen zwölf Uhr klingelte am Sonntag das Telefon. Als Greta endlich das Mobilteil auf der Couch unter einem Kissen gefunden hatte, nahm sie leicht außer Atem das Gespräch an.
»Hi! Ich bin’s.« Connor begrüßte Greta, als ob sie sich schon seit Jahren kennen würden.
»Hi!«, meinte sie nur kühl, um ihm nicht das Gefühl zu geben, auf den Anruf gewartet zu haben.
»Wie geht es dir? Hast du gut geschlafen?« Es klang fast zärtlich, wie er das sagte, und ihr Ärger verflog augenblicklich.
»Ja, habe ich. Es geht mir gut.« Das war eine glatte Lüge. Sie hatte bis drei Uhr wach gelegen und war bereits gegen acht wieder aufgewacht.
»Das ist schön. Ich hatte es auf deiner Handynummer versucht, aber du bist nicht rangegangen.«
Greta überlegte kurz, wo sie ihr iPhone hingelegt hatte. Na klar, es hing noch im Büro am Ladekabel. Sie hätte sich am liebsten mit der flachen Hand gegen die Stirn gehauen. »Tut mir leid, ich habe es nicht gehört.«
»Kein Ding. Wegen nächstem Wochenende … Ich freue mich sehr, dass du dich dazu entschieden hast, mitzukommen. Wie wäre es, wenn du schon Freitag nach Berlin kommen würdest? Wir könnten uns die Stadt ein bisschen anschauen. Und Samstag schlafen wir aus, machen es uns im Spa gemütlich und gehen dann zur Preisverleihung. Am Sonntag muss ich nachmittags nach Schottland fliegen.«
Ihr Herz schlug bis zum Hals. Das klang nun wirklich nach einem Rendezvous mit allem, was dazugehörte. »Mmh, das klingt perfekt.«
»Gut. Ich buche ein Zimmer für dich im Adlon. Melde dich einfach an der Rezeption. Wie ist noch mal dein Nachname?«
»Rosenbaum.«
»Okay, notiert.«
»Connor?«
»Ja?«
»Es war wohl gestern ein ziemlich ungünstiger Zeitpunkt, um anzurufen, oder?«
»Ach was, alles gut. Ich konnte nur nicht so reden, wie ich wollte, weil nach der Sendung Backstage die Hölle los war. Ich stand irgendwo in der Nähe des Büfetts herum, und der Moderator kam gerade auf mich zu, um mit mir zu plaudern, deshalb musste ich Schluss machen.«
»Ach so.« Keine gut aussehende Sängerin … »Wo bist du jetzt?«, fragte sie.
»Noch hier im Hotel in Köln, aber ich reise bald ab.«
»Dieses ständige Herumreisen ist ganz schön anstrengend, oder?«
»Es geht, ich bin es ja gewohnt. Nächste Woche ist es glücklicherweise vorbei. Aber bis dahin habe ich noch einige Pressetermine, Fernsehinterviews und Fotoshootings. Ich muss jetzt Schluss machen. Mein Flug nach München geht bald. Wir sehen uns Freitag. Ich freue mich.«
Sie grinste über das ganze Gesicht. Er hatte tatsächlich angerufen, es war unglaublich. Sie würde ihn wiedersehen … in Berlin … ein ganzes Wochenende lang.
Im nächsten Moment traf sie ein Gedanke wie ein Blitzschlag. Mist, ich habe nichts Schickes anzuziehen. Im Kopf ging sie ihren Kleiderschrank durch. Da war noch ein cremefarbenes Kleid, das sie vor fünf Jahren für eine Hochzeit gekauft hatte. Nein, das war inzwischen unmodern. Sonst fiel ihr nichts aus ihrem Fundus ein, was man auf einer Gala tragen konnte. Abendkleider besaß sie sowieso nicht, weil sie und Felix nie zu Bällen oder festlichen Events gegangen waren.
Also fuhr Greta Dienstagmittag nach Wiesbaden, weil es dort exklusivere Boutiquen gab als in Mainz und sie sicher sein konnte, ein passendes Outfit zu finden. Nach zwei Stunden und etlichen Kleidern, die sie anprobiert hatte, entschied sie sich für ein schlichtes schwarzes Kleid aus glänzendem Satin. Die breiten Träger wurden im Nacken geschlossen und ließen Rücken und Schultern frei. Es war knöchellang, an der Hüfte schmal geschnitten und hatte einen schwingenden Rock.
Es ist perfekt, dachte sie, als sie an der Kasse eine stolze Summe bezahlte.
Die