Touched: Süchtig nach dir. Lea Mayance
kennenlernst.«
»Danke, du bist ja wieder nett zu mir. Was soll ich jetzt machen?«
»Natürlich fährst du. Das wirst du ansonsten bis ans Ende deines Lebens bereuen.«
»Ich befürchte, dass ich mich unter Druck gesetzt fühle, falls er tatsächlich diese Erwartungshaltung hat.«
»Ja, das Risiko besteht. Aber hey, du kannst jederzeit Nein sagen. Du hast doch eh nichts zu verlieren«, bestärkte Jeanette sie. »Bist du nicht neugierig, was passieren wird? Und wie es ist, nach jahrelangem langweiligen Sex mit Felix einen heißen Typen im Bett zu haben?«
»So schlimm war es jetzt auch nicht«, wiegelte Greta ab. »Aber vielleicht hast du recht, ich sollte mir ein bisschen Spaß gönnen. Doch was soll ich Felix sagen?«
»Die Wahrheit? Du schuldest ihm nichts.« Jeanette war die Einzige, die wusste, dass die Ehe von Greta und Felix eine reine Farce war.
»Ach, ich weiß nicht …«
»Da wird uns schon noch was einfallen. Jetzt mach nicht schon wieder gleich einen Rückzieher.«
»Also gut«, lenkte Greta ein, weil sie wusste, dass Jeanette sonst keine Ruhe geben würde, »ich denke, ich werde Connor anrufen. Aber ich muss alles noch mal in Ruhe abwägen.«
»Mach das, aber sei offen für alles«, meinte Jeanette.
Schließlich verabredeten sie sich für Donnerstag. Ein neuer Film war im Kino angelaufen, den beide gern sehen wollten. Greta legte auf, atmete tief durch und widmete sich ihren Aufgaben. Den Gedanken an Berlin verdrängte sie. Sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken. Sie musste noch einkaufen und kochen, denn um zwei Uhr kam Tom von der Schule.
Als Tom sich an seine Hausaufgaben setzte, nutzte sie die Gelegenheit, um im Internet einiges über Connor in Erfahrung zu bringen. Er war einundvierzig und offiziell Single. Sie fand zwar einige Fotos, auf denen er mit verschiedenen Frauen abgelichtet war, aber keinen Hinweis auf eine derzeitige Freundin. Das ist schon mal gut! Neben seiner Arbeit als Schauspieler war er Mitinhaber eines kleineren Musiklabels, das unbekannte Bands und Sänger förderte. Er selbst besaß mehrere Gitarren, trat aber nicht auf. Was das Rodeo-Reiten anging, hatte er die Wahrheit gesagt. Greta fand einige Bilder, die ihn in Aktion zeigten. Besonders angetan hatte es ihr ein Bild, auf dem er im gestreckten Galopp über eine weite Ebene ritt. Das Cowboy-Image stand ihm wirklich gut, entschied sie.
Am Donnerstag fuhr sie gegen sechs Uhr in die Stadt. Felix war auf ihre Bitte hin pünktlich zu Hause gewesen, um Tom zum Training zu bringen. Das hatte er früher, als ihre Ehe nicht nur auf dem Papier existierte, selten geschafft. Häufig saß sie abends mit ihrer gepackten Sporttasche zu Hause und wartete auf ihn oder rief die Freunde an, mit denen sie sich treffen wollte, um ihnen mitzuteilen, dass sie sich verspäten werde.
Greta schlenderte gemütlich durch die Altstadt. Sie hatte noch Zeit, um ein paar Besorgungen zu machen, und erinnerte sich daran, wie sie vor ein paar Tagen mit Connor hier entlanggegangen war. Es erschien ihr so unrealistisch. So, als wäre es nie passiert.
Eine halbe Stunde kam sie am Kino an. Jeanette wartete schon und umarmte Greta, wie sie es immer tat, wenn sie sich sahen.
»Und, hast du ihn angerufen?«, fragte Jeanette als Allererstes.
Greta schüttelte den Kopf.
»Warum denn nicht?«
»Keine Ahnung.«
»Also echt, du bist ein kleiner Feigling«, seufzte Jeanette enttäuscht.
»Eigentlich will ich ja, aber ich habe mich einfach nicht getraut.«
»Sollen wir ihn zusammen anrufen?«, schlug Jeanette vor.
»Auf gar keinen Fall.« Greta hob abwehrend die Hände. »Lass mich das mal lieber alleine machen.«
»Okay«, lachte Jeanette, und Greta meinte, den Schalk in ihren Augen aufblitzen zu sehen.
Kleines Luder, du weißt schon, wie du mich am besten manipulieren kannst, dachte sie und war ihrer Freundin dabei kein bisschen böse. Schließlich wollte Jeanette nur das Beste für sie.
An der Kinokasse gab es eine unliebsame Überraschung, denn der Film, den sie sich anschauen wollten, war so gut wie ausverkauft und dicht vor der Leinwand wollten sie nicht sitzen. Ratlos standen sie in der großen Eingangshalle des Kinos, als Jeanettes Blick über Gretas Schulter hinweg etwas entdeckte und sich ihr Gesicht aufhellte. Greta drehte sich um, um zu sehen, was Jeanette gerade erblickt hatte, und schaute direkt in Connors Augen, groß und blaugrün auf einem Kinoplakat, das ihr vorher in dem vollen Verkaufsraum gar nicht aufgefallen war.
»Hey, wie wär’s, wenn wir uns einen Film mit deinem neuen Freund anschauen? Bodycheck … hm … klingt vielversprechend. Ich hoffe, er hat möglichst wenig an, damit wir mal sehen, wie er gebaut ist und ob es sich lohnt. Der Film läuft erst seit heute und kommt wie gerufen.« Jeanette lachte verschmitzt.
»Er ist nicht mein Freund«, entgegnete Greta in einem harscheren Ton, als sie eigentlich wollte. »Und übrigens … es geht um Eishockey, nicht, was du schon wieder denkst. Willst du dir das wirklich anschauen?«
»Na klar. Los!«, sagte Jeanette mit Nachdruck und Greta folgte ihr gespannt zum Kartenschalter.
Es war seltsam, Connor in überdimensionaler Größe auf der Leinwand zu sehen. Er hatte eine tolle Ausstrahlung, in der etwas Ungezähmtes und Rebellisches mitschwang. Für den Film trug er die Haare ziemlich kurz geschoren, wodurch er tougher wirkte.
Die Story des Films war gut, und selbst wenn Greta das Thema Eishockey eigentlich nicht interessierte, war sie von Connors schauspielerischen Fähigkeiten gefangen. Besonders ergriffen war sie von einer Szene, in der er am Telefon mit den Tränen kämpfte. Es wirkte so real, und doch war es nur gespielt. Wenn Schauspieler in Filmen oder im Theater in der Lage waren, dem Publikum eine Figur authentisch rüberzubringen, was konnten sie dann wohl in der Realität mit diesem Können anfangen? War das der echte Connor, den ich kennengelernt habe, oder hat er mir vielleicht eine andere Person vorgespielt?
Jeanette lehnte sich zu Greta hinüber und flüsterte: »Und das willst du dir entgehen lassen? Ich würde fahren. Ich würde ihn nicht von der Bettkante stoßen.«
Typisch Jeanette. Sie war nicht verheiratet und hatte ständig neue Männerbekanntschaften. Mit One-Night-Stands hatte sie kein Problem. Eher mit zu festen Beziehungen, die sie einengten.
»Dann fahr du doch hin«, meinte Greta leise.
»Okay, mach ich. Ruf ihn an. Ich wollte sowieso schon immer mal auf so eine VIP-Party, mit den Promis schwätzen und so tun, als wäre ich eine von ihnen. Sag ihm, dass ich ihn begleiten werde.«
»Vergiss es. Entweder fahre ich oder niemand.«
»Weißt du jetzt bald, was du willst? Dann mach aber auch!«, sagte Jeanette nicht gerade leise und mit Nachdruck.
Hinter ihnen machte jemand Pscht. Sie schauten sich an, lachten leise und wandten sich wieder dem Film zu, in dem Connor gerade gekonnt über das Eis raste.
Zwei Tage später fasste Greta den Entschluss: Sie würde fahren! Am liebsten hätte sie Connor sofort angerufen, damit sie ihre Entscheidung nicht wieder revidieren konnte, aber sie saß gerade auf dem Fußballplatz, wo Tom sein Training absolvierte. Weil es so umständlich war, mit dem Bus dorthin zu kommen, fuhren Greta oder Felix Tom häufig mit dem Auto zum Training. Felix hatte seine Pflicht mal wieder auf sie abgewälzt, denn eigentlich wäre er heute mit Fahren dran gewesen. Morgens war ihm eingefallen, dass er dringend noch etwas Geschäftliches zu erledigen hatte. Sie glaubte ihm kein Wort. Vermutlich traf er sich an diesem Samstag mit seiner Geliebten.
Gegen halb zehn abends, als Tom in seinem Zimmer verschwunden war, fand sie endlich eine ruhige Minute, um bei Connor anzurufen. Mit klopfendem Herzen wählte sie die Nummer, die Connor ihr gegeben hatte. Nach dem dritten Klingeln wurde abgenommen.
»Yes?«, erklang es barsch.
Sie hörte sofort, dass es