Gangster Squad. Paul Lieberman

Gangster Squad - Paul  Lieberman


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druckten, machten den Job, ohne den weder die Buchmacher noch die Spieler etwas ausrichten konnten. Einer der Distributoren prahlte damit, dass er zu einem Netz gehöre, das die „gesamten USA überspannt“. Der Reporter fragte nach: „Meinen Sie nicht eventuell umspannt?“ „Umspannt? Es ist mir doch scheißegal, wie Sie das nennen! Es reicht von Küste zu Küste!“

      Bugsys wichtigste Aufgabe bestand darin, das trans-amerikanische Netz der Mafia an der Westküste auszubauen. In Nevada, wo das Glückspiel legal war, bewirkte er wahre Wunder. In einem der Kasinos etablierte er eine Monopolstellung und schickte seinen Bossen monatlich 25.000 Dollar. Obwohl man ihn sicherlich nicht als den treusten Ehemann bezeichnen konnte, ließ er in L.A. für seine Frau und die beiden Töchter eine 1.115 Quadratmeter große Villa im exklusiven Stadtteil Holmby Hills bauen. Auch ermöglichte er den Töchtern den Besuch einer Privatschule und einer Reitakademie. In dem riesigen Haus gab es eine stilvolle, in die Wand eingelassene Bar, flankiert von einarmigen Banditen, und einen großen Swimmingpool. Die Zahl der Ankleidezimmer überstieg die der Zimmer eines normalen Familienhauses. Bugsy war nicht nur der bekannte Frauenheld, sondern besaß auch Geld – wie Heu.

      Im gerade begonnenen Notizbuch von Con Keeler, in dem dieser die Zielpersonen der Gangster Squad auflistet, wurde er als „Siegel, Benjamin“ aufgeführt: Größe, Gewicht, Adresse, Spitz- und Decknamen, bevorzugte Lokale und Bars, Automarke, Nummernschild usw. – all diese Informationen fanden sich in dem Büchlein. Keeler benutzte einen Stift mit hauchdünner Miene und schrieb klein und präzise, denn das Notizbuch war so schmal, das es in jede Brusttasche passte. Reguläre Aktenmappen waren undenkbar, wenn man über kein Büro verfügte, ja, offiziell als Ermittlungseinheit noch nicht einmal existierte. „Dieses verdammte kleine Gekrakel“, fluchte Lieutenant Willie Burns. „Das kann ich nicht lesen!“

      In kürzester Zeit standen dort ein Dutzend Namen, doch Bugsy war für die Cops von höchstem Interesse, denn mit ihm schienen sich die schlimmsten Vorstellungen hinsichtlich der Entwicklung der Stadt zu bewahrheiten. Die Squad erhielt nähere Informationen von Assistant Chief Joe Reed, der mit seinem Schmerbauch und der Glatze dem britischen Politiker Winston Churchill ähnelte – was ihm auf eine merkwürdige Art schmeichelte. Reed hatte die Cops zu vorgerückter Stunde ins Rathaus gerufen, um ihnen eine Vortrag zu halten – zum Thema New York. Er erklärte, dass bei den Ganoven im Untergrund ein reichlich frischer Wind wehte, denn mit Tom Dewey als Gouverneur, der sich als Strafverteidiger und Kämpfer gegen die Mafia einen Namen gemacht hatte, und dem Schatzmeister Eliot Ness standen ihnen mächtige Gegner gegenüber. „Ihr könnt einen drauf lassen – die werden sich nach fruchtbarerem Boden umsehen“, meinte Reed. „Sie werden kommen.“

      Das mag nach Paranoia geklungen haben, doch eine weitere Schlüsselfigur der Murder Inc. war schon angekommen – und das mit fatalen Konsequenzen.

      George Harry Schachter, alias „Big Greenie“, musste sich Richtung Westen verdrücken, nachdem er dummerweise Bekannten der Mafia in New York gesteckt hatte, er würde mit den Behörden kooperieren, falls die Italos ihm nicht mehr zahlten. Wie dumm konnte „Big Greenie“ nur sein? Nachdem er sein Ford Cabriolet auf dem Gehweg vor einer Pension in Hollywood geparkt hatte, pumpten sie ihm fünf Kugeln in den Kopf und in den Hals. Als das LAPD Bugsy aufgrund des Mordverdachts in Untersuchungshaft steckte, bat er die ihm zum Knast führenden Detectives um einen Kamm und ein Halstuch: „Ich bin Ben Siegel, und ich werde nicht wie ein Penner aussehen.“

      Die Anklage verlief im Sande, da einer der Schlüsselzeugen in New York aus dem Fenster eines Hotelzimmers in den Tod stürzte. Von dem Zeitpunkt an wurde Bugsy in L.A. noch ernster genommen. Nun berichteten die Kolumnen über ihn als „schon früher bekannt bei der New Yorker Polizei“ oder sogar als „einen Mann, der durch seine guten Kontakte alle bluffen kann“. Am ärgerlichsten jedoch war es für Bugsy, mit einem kräftigen Tritt in den Arsch aus dem Hillcrest Country Club geworfen zu werden. „Ich vermisse das Golfen“, meinte er.

      Mickey verzog das Gesicht, wenn jemand behauptete, dass er als Bugsys Laufbursche und hirnloser Muskelmann die soziale Leiter emporgeklettert sei. Während der ersten Jahre in L.A. sah er sich immer noch gerne als der junge Wilde, der sich von niemandem eine Erlaubnis holen musste, um Buchhalterläden, Nachtclubs oder sogar eine von Dragnas Glücksspielhallen finanziell zu erleichtern. Doch gleichzeitig versuchte „Benny aus mir mehr Klasse herauszukitzeln und mich herauszuputzen“, wie Mickey verlauten ließ. Der emporstrebende junge Mann studierte den New Yorker Kleidungs- und Lebensstil. In einem bestimmten Punkt kopierte er Bugsys Verhalten, denn er mied den Alkohol. Ein klarer Kopf bei der Arbeit zahlte sich aus, zum Beispiel, wenn man den Betreibern eines konkurrierenden Telegraphenservice bei den Rennen eine unmissverständliche Botschaft schickte. Als Mickey später zu dem Besuch gefragt wurde, den er und Joe Sica einem störrischen Rivalen Bugsys abstatteten, vollführte er einen verbalen Tanz.

      Frage: Wurde Ihnen der Auftrag erteilt, Russell Brophy zu verprügeln?

      Cohen: Nein, Sir.

      Frage: Ich fange mal am Anfang an. Russell Brophy managte den Telegraphenservice in Los Angeles, stimmt das?

      Cohen: Das ist richtig.

      Frage: Er bot also Buchhaltern Telegraphendienste an?

      Cohen: Das ist richtig.

      Frage: Sie und Joe Sica haben sein Geschäft betreten und ihn zusammengeschlagen, das stimmt doch, oder?

      Cohen: Es gab da so eine kleine Meinungsverschiedenheit …

      Frage: Wer hat Ihnen den Auftrag gegeben?

      Cohen: Niemand.

      Frage: Wo genau fand der Übergriff statt?

      Cohen: Es gab keinen Übergriff, wirklich nicht. Es war nur eine Meinungsverschiedenheit.

      Frage: Sie beide haben ihn verprügelt …

      Cohen: Ich habe ihn geschlagen. Ich weiß nicht, wer ihn sonst noch geschlagen hat …

      Frage: Das Gericht ist aber offensichtlich der Ansicht, dass sie beide ihn verprügelt haben. Sie erhielten eine Geldstrafe von 100 Dollar und er von 200 Dollar.

      Cohen: Dann muss ich ihn wohl nicht so kräftig geschlagen haben.

      Für Mickey Cohen war Bugsy Siegel ein wichtiger Mentor. Bugsy hatte das ganze Gehabe drauf – so zu tun, als würde man zur obersten Klasse gehören –, bis ins letzte Detail. Das zeigte sich sogar bei seiner Beerdigung. Der mit Bronze überzogene Sarg im Wert von 5.000 Dollar war nämlich mit Seide ausgeschlagen, und zu beiden Seiten standen schmuckvolle Kerzenständer.

      Der Gangster Squad blieb kaum Zeit, ein Dossier über Bugsy anzulegen. Er hielt sich oft in Las Vegas auf, um den Bau des Flamingos zu überwachen, eines Hotels mit integriertem Casino, das die Stadt in der Wüste Nevadas verändern sollte. Sein Traumprojekt hatte sich verzögert, und das Budget war schon längst überschritten. Der Fehler lag in der Planung, denn jeder Raum war zum Beispiel unnötigerweise direkt an die Kanalisation angeschlossen. In der Penthouse Suite hing ein pompöser Leuchter an der Decke, der aber so niedrig hing, dass ein Mann sich ducken musste, wenn er darunter stand. Wenn Bugsy in Kalifornien weilte, blieb er zunehmend den Jagdgründen der Gangster Squad fern und hielt sich in einem Anwesen in Beverly Hills auf, angemietet von seiner Geliebten Virginia Hill. Obwohl man sie als eine Partys liebende Ölerbin aus Alabama beschrieb, so ging sie wohl kaum als klassische Southern Belle durch und hatte etwa mit einem Teil ihres Geldes einen prominenten Buchhalter aus Chicago unterstützt und damit Anteile an dessen windigem Geschäft erworben. Die Kolumnistin Florabel Muir vom Los Angeles Mirror saß im einem Schönheitssalon, als eine Sendung an Virginia Hill geliefert wurde, in der ausschließlich 1.000 Dollar-Noten lagen. Muir schrieb: „Sie war ein bescheidenes Mädchen, das ihre Reize nicht direkt zeigte, kannte aber eine Menge Jungs.“

      Am Morgen des 20. Juni 1947 erreichte Bugsys Flieger aus Las Vegas kommend die Stadt. Vor dem Meeting mit seinem Rechtsanwalt suchte er seinen Friseur auf. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass er noch einen Besuch bei Mickey dazwischenschob, obwohl der zu Protokoll gab, dass Bugsy ihn bereits einen Tag zuvor gefragt habe, ob er über einige Knarren verfüge, woraufhin er antwortete: „Was immer du auch willst.“ An diesem Abend entschieden sich


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