Seewölfe Paket 26. Roy Palmer

Seewölfe Paket 26 - Roy Palmer


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los. Eine yardlange Mündungsflamme leckte aus dem Rohr. Die Ladung aus gehacktem Blei und scharfkantigen Eisenstücken raste gebündelt auf die Pulverfässer zu.

      Die beiden Kerle hinter den Sandsäcken brachten nicht einmal mehr einen Entsetzensschrei heraus.

      Eine haushohe Stichflamme zuckte senkrecht aus den auseinanderwirbelnden Trümmerteilen der Pulverfässer. Das Brüllen der Detonation hallte wie Donner von der Gefängnismauer wider und pflanzte sich rollend durch die Gassen fort. Fast hatte es den Anschein, als würden die Häuser in unmittelbarer Umgebung erbeben oder gar einstürzen.

      Die beiden Karrenschieber waren zu Boden geschleudert worden, hatten es aber einigermaßen heil überstanden. Schreiend rappelten sie sich auf und flohen zurück in die Gasse.

      De Escobedo schrie Verwünschungen, hämmerte mit den Fäusten gegen die Hausmauer und wünschte sich ein Loch im Erdboden, in das er versinken konnte.

      Im Hinterhof, in den der Torweg mündete, harrten die Kerle aus, die zu seiner Gruppe gehörten. Erstaunt blickten sie herüber, als sie das Wutgeschrei ihres Anführers hörten. Einige grinsten unverhohlen.

      De Escobedo bemerkte, daß ihn auch Vigo und Gilberto geringschätzig anstarrten. In ihren Mienen las er jedoch noch etwas anderes. Es war Zorn, Zorn auf ihn.

      Er verstummte, denn er begriff, daß sie sich allesamt über ihn mokierten. Diese Meute war eben nicht mit Soldaten oder Gardisten zu vergleichen, die gelernt hatten, was Disziplin war. Hier konnte man nicht einfach aufgrund seines Ranges darauf pochen, daß man mit dem gebotenen Respekt behandelt wurde. Hier mußte man sich jeden Tag, ja, jede Stunde von neuem durchsetzen.

      Er stieß sich von der Mauer ab, ließ die beiden Unterführer einfach stehen und ging mit wenigen schnellen Schritten auf die Kerle im Hinterhof zu. Acht Mann. Seine Gruppe war bereits kleiner geworden, mußte er feststellen. Er ließ sich jedoch sein Erschrecken darüber nicht anmerken.

      Die Kerle hockten auf dem Boden, einige auf leeren Kisten. In der Mitte ihres lockeren Kreises standen Rumflaschen. Ihre Gesichter veränderten sich und wechselten von Spott und Geringschätzung in ein offenes Fragezeichen über.

      Auf der kurzen Distanz prägte er sich jenen Kerl genau ein, der am unverschämtesten gegrinst hatte. Ein untersetzter Bursche mit einem speckigen Barett auf dem Kopf und einem dreckverschmierten Gesicht voller Bartstoppeln.

      Breitbeinig blieb de Escobedo stehen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte herrisch auf seine Gruppe hinunter.

      Ihre Gesichter spiegelten auf einmal Unsicherheit, gemischte Gefühle zumindest. Innerlich grinste er. Natürlich konnten sie sich keinen Vers darauf bilden, was seine plötzliche selbstsichere Anführerpose bedeutete.

      Hinter sich hörte er die Schritte von Vigo und Gilberto, die sich langsam näherten.

      Durch die Gasse hallten die Schritte der beiden Pulverkarrenschieber, die in panischer Hast in einem der gegenüberliegenden Hauseingänge verschwanden.

      „Ich sehe, ihr nutzt die Zeit, um ein bißchen zu trinken“, sagte de Escobedo mit sachlich klingender Stimme. Nicht im geringsten war herauszuhören, ob er die Tatsache mißbilligte, ob sie ihm einerlei war, oder ob er darüber gleich in einen Wutausbruch verfallen würde.

      Die Unsicherheit der Kerle wuchs.

      „Auf den Schreck brauchten wir einen kleinen Schluck“, sagte einer, ein hagerer Bursche mit strähnig herabhängendem Haar. Sein linkes Auge war geschlossen, was von einer Messernarbe herrührte, die sich von der Stirn schräg über das Auge hinweg bis zum Unterkiefer hinzog.

      „Auf welchen Schreck?“ entgegnete de Escobedo scheinbar begriffsstutzig.

      Die Kerle runzelten die Stirn.

      „Na, darauf, daß sie uns vor der Gefängnismauer fast zusammengeschossen und in Stücke gesäbelt haben“, sagte der mit dem geschlossenen Auge schließlich. Anklagend deutete er auf einen anderen, der ihm gegenübersaß und dessen rechte Schulter von einem dicken Verband umhüllt war. „Sehen Sie sich seine Säbelwunde an, Señor Gouverneur! Und er ist verdammt nicht der einzige.“

      „Ach“, sagte de Escobedo sarkastisch, „und das ist ein Grund, sich gleich wieder Schnaps durch den Rachen laufen zu lassen?“

      „Einen Grund zum Feiern findet man immer“, sagte eine andere glucksende Stimme.

      Es war der Untersetzte mit dem Barett.

      De Escobedo bückte sich blitzartig, packte mit krallenartigen Händen zu und riß ihn aus dem renitenten Kreis der Rumtrinker heraus.

      Der Mann quiekte wie ein soeben gefangenes Ferkel. Die anderen sahen erschrocken aus, völlig verblüfft.

      Es war genau die Wirkung, die de Escobedo beabsichtigt hatte. Er zog den Untersetzten zu sich heran, hielt ihn mit der Linken am Kragen und versetzte ihm zwei Maulschellen, die wie lautes Schmettern klangen. Der Kopf des Kerls flog hin und her. Er wollte die Arme hochreißen, um sich zu schützen.

      De Escobedo deutete es absichtlich falsch.

      „Was?“ brüllte er. „Du greifst mich auch noch an? Du wagst es, dich einer Maßregelung zu widersetzen?“

      Der andere heulte etwas, was aber in den nächsten beiden Ohrfeigen unterging. Das Barett flog davon, und sein fast kahler Schädel erschien.

      De Escobedo wußte, daß er gegen den kräftigen Burschen unter normalen Umständen keine Chance gehabt hätte. Aber er mußte das Überraschungsmoment nutzen – und die Tatsache, daß der Strolch doch gewisse Skrupel hatte, sich zur Wehr zu setzen. Alonzo de Escobedo zeigte in diesem Moment, wie er es seinerzeit geschafft hatte, Stadtkommandant zu werden. Tücke, Hinterlist und das Erkennen von Vorteilen – so blitzschnell, daß kein anderer mitkam.

      Genau das kriegte der Untersetzte zu spüren. Mit zwei, drei gemeinen Hieben trieb de Escobedo ihn vom Kreis der anderen weg, nach links in den Hinterhof hinein.

      Es mußte so schnell gehen, daß sie gar nicht erst zur Besinnung gelangten.

      Er stellte es so an, daß keiner der anderen sehen konnte, wohin er schlug. Seine Hiebe erfolgten ohne erkennbaren Bewegungsansatz, und der Untersetzte hatte keine Chance, ihnen auszuweichen, da er bereits ins Wanken geraten war. De Escobedo traf ihn an den empfindlichsten Stellen.

      Der Mann schrie immer schmerzerfüllter. Seine Stimme steigerte sich zu einem schrillen Diskant.

      „Aufhören!“ brüllte jemand.

      Vigo, der Unterführer.

      De Escobedo gab dem Schreienden mit einem letzten niederträchtigen Hieb den Rest. Der Untersetzte klappte gurgelnd zusammen, schlug hin, krümmte sich und streckte sich dann, als er das Bewußtsein verlor.

      De Escobedo wirbelte herum.

      Vigo stand vor ihm. Drohend. Drei Schritte abseits Gilberto. Die Gesichter der Kerle im Kreis waren noch immer starr vor Erschrecken. Ein Grinsen kerbte sich in de Escobedos Mundwinkel, als er sah, daß die Rumflaschen verschwunden waren. Sie befürchteten offenbar, daß er sie ihnen wegnehmen würde. Gut so. Seine Autorität war wieder gewachsen. Er würde sie weiter ausbauen, und zwar mit unnachgiebiger Härte.

      „Was soll der Unsinn!“ rief der Rotbärtige scharf. „Einfach einen Mann zusammenschlagen! Wozu?“

      De Escobedo antwortete laut und deutlich, so daß vor allem auch die am Boden Hockenden es hörten.

      „Der Mann hat soeben eine disziplinarische Strafe erhalten. Er weiß, warum. Er hat sich herausgenommen, einen Vorgesetzten zu verhöhnen.“

      „Was für einen Vorgesetzten?“ schrie Vigo begriffsstutzig.

      „Mich“, erwiderte de Escobedo knarrend. „Und damit das ein für allemal klar ist! Ich dulde ab sofort keine Unverschämtheiten mehr. Ein Untergebener hat sich über seinen Vorgesetzten nicht lustig zu machen, verstanden? Jeder Verstoß gegen diese Vorschrift wird mit unnachgiebiger Härte geahndet.“

      Die


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