Seewölfe Paket 15. Roy Palmer

Seewölfe Paket 15 - Roy Palmer


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Von da ab war er auf der Kuhl geblieben, Matt auch. Sie hatten keine Lust, sich die Knochen zu brechen, wie es Batuti durchaus hätte passieren können. Sie fluchten beide abwechselnd über diese Wache, weil der Nebel immer wieder eine genaue Kontrolle über die Schiffe und die Werft verhinderte.

      Sie konnten sich auch nicht vorstellen, daß jemand so übergeschnappt war, zu dieser Zeit und bei diesen miserablen Sichtverhältnissen etwas gegen die Schiffe oder die Werft zu unternehmen. An Land war die Suppe teilweise genauso dick wie auf dem Wasser.

      Die Sambuke lag vor der Galeone, den Bug nach Westen gerichtet und dort an Land vertäut. Achtern hatten sie einen Heckanker ausgebracht. Die Galeone wiederum lag vor einem Buganker und hatte vom Heck aus Leinen an Land ausgefahren. Zwischen dem Heck der Sambuke und dem Bug der „Pride of Galway“, war ein freier Raum von etwa fünf Yards. Wer den passieren wollte, um von See her in das kleine Hafenbecken der Werft einzudringen, blieb garantiert in der Heckankertrosse der Sambuke oder der Bugankertrosse der Galeone hängen. Den Verkehr zur Werft oder zurück regelten die Seewölfe mit zwei Beibooten. Eins lag längsseits der Sambuke, das andere, größere längsseits der Galeone.

      Matt und Batuti hatten sich ein Holzkohlenbecken auf die Kuhl geholt, um sich über der Glut, die sie unterhielten, ab und an aufzuwärmen und die Hände darüberzuhalten. Sie waren alle empfindlich geworden, vor allem Batuti. Das hing noch mit der glühenden Hitze zusammen, die sie bei ihrer Nilfahrt erlebt hatten. So reagierten sie entsprechend auf den feuchtkalten Nachtnebel, der die unangenehme Eigenschaft hatte, einem bis auf die Knochen zu kriechen.

      Jetzt standen sie auch wieder an dem Holzkohlebecken, und Batuti hielt die Hände darüber.

      Matt gähnte. Dann schob er die Glut mit dem Eisenhaken, der ihm die rechte Hand ersetzte, etwas zusammen. Na, der Haken brauchte wenigstens nicht angewärmt zu werden. Batuti grinste ein bißchen, als er das dachte.

      Das Grinsen und das Denken wurden jäh ausgelöscht. Sie zuckten beide zusammen, als sie den Kanonendonner hörten. Matt fuhr herum und starrte über die Werft nach Nordosten.

      „Das war in Plymouth!“

      Er hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, da erfolgte eine grelle Explosion. So etwas wie ein Blitz leuchtete auf und war in der nächsten Sekunde schon wieder verschwunden.

      „Du meine Fresse“, sagte Matt entgeistert. „Da muß was in die Luft geflogen sein. Hast du den Blitz gesehen?“

      Batuti nickte stumm. Sie starrten beide nach Nordosten und lauschten. Aber jetzt blieb es still, und neue Nebelschwaden verhinderten die Sicht.

      Von den Seewölfen schoß als erster Edwin Carberry, der Profos, an Deck.

      „Was war das?“ fuhr er Matt und Batuti an.

      „’ne Explosion“, sagte Matt.

      „Das hab ich selbst gehört, verdammt.“

      „Dann brauchst du ja nicht zu fragen“, meinte Matt. „Oder?“

      Der Profos geriet in Rage. Allerdings stoppte ihn Hasard, der vom Achterdeck her aufgetaucht war.

      „Habt ihr was gesehen?“ fragte er.

      „Nur so etwas wie einen Blitz, Sir“, sagte Matt und deutete nach Nordosten. „In Plymouth scheint irgendwas in die Luft geflogen zu sein. Vorher hörten wir Kanonendonner.“

      „Merkwürdig.“ Hasard schüttelte den Kopf.

      Immer mehr Männer versammelten sich auf der Kuhl. Sie waren alle von der Explosion hochgescheucht worden. Und sofort wurden die abenteuerlichsten Vermutungen laut – von einem Pulvermagazin, das explodiert war, bis hin zu einem spanischen Angriff.

      Max Pellew, neues Mitglied der Seewölfe-Crew – früher war er als Koch und Feldscher bei Francis Drake gefahren –, traf so ziemlich den Nagel auf den Kopf, als er in seiner gewohnt miesgrämigen Art sagte: „Könnten aber auch wieder die Halunken von Burton oder Bromley gewesen sein. Die haben ja was gegen euch, nicht?“

      Hasard blickte ihn überrascht an.

      Dann sagte er, etwas milde: „Mac, das glaubst du doch selbst nicht. Wenn die Kerle was gegen uns haben – das bestreite ich ja gar nicht –, warum sollen sie dann in Plymouth was in die Luft fliegen lassen? Die wissen doch inzwischen sicher, daß wir hier sind. Also müßten sie uns hier pakken, nicht in Plymouth.“

      „Hm.“ Mac Pellew, hager und ausgemergelt, rieb sich die Nase. Daß er hager und ausgemergelt war, täuschte. Er war nämlich ein ziemlich harter und zäher Knochen. „Da magst du recht haben, Sir. War auch nur so’n Gedanke von mir. Und was hältst du davon, wenn wir mal eben rübersegeln und nachsehen?“ Er zog sich die Hosen hoch, die bei ihm ständig am Rutschen waren. Damit hatte er schon früher Ed Carberry genervt, der ja auch bei Drake gefahren war. Nein, er schnallte sich eben den Gürtel nicht enger. Er dachte gar nicht daran. Das Hochrucken der Hose war ihm eine zu liebe Angewohnheit geworden.

      Carberry warf ihm bereits einen wilden Blick zu.

      Auch Hasard kannte diese Angewohnheit von Mac Pellew und lächelte leicht. Dann sagte er, bevor Carberry losbullern konnte: „Gute Idee, Mac. Willst du dabei sein?“

      „Aye, Sir, bin dabei.“ Das klang nicht gerade begeistert, aber auch das täuschte. Denn wo was los sein konnte, da war Mac Pellew immer dabei.

      „Fein, Mac. Und wer noch?“ Hasard blickte seine Männer an. Sie wollten alle, und darum wählte er nur noch Dan O’Flynn, Stenmark und Blacky aus. Für die Dauer seiner Abwesenheit war Ben Brighton sein Vertreter.

      Als sie knapp sechs Minuten später lossegelten, saßen plötzlich noch zwei Gestalten im Boot, und zwar auf der vordersten Ducht, unter der sie sich bereits versteckt hatten, als sie wußte daß dieses Boot nach Plymouth segeln sollte.

      Ja, es waren die beiden Rübenschweinchen.

      Vater Hasard zuckte etwas zusammen, als er sie entdeckte.

      „Hatte ich euch mit ausgesucht?“ fragte er erbittert.

      „Du suchst uns ja nie aus“, erklärte Hasard junior.

      „Jawohl“, sagte Philip junior. „Darum haben wir uns auch gar nicht erst gemeldet, sondern sind gleich ins Boot abgezischt.“

      Die Männer grinsten verstohlen, sogar der alte Mac Pellew.

      „Aha“, sagte Hasard, keineswegs milder gestimmt. „Und was ist, wenn euch Mister Brighton vermißt und suchen läßt?“

      „Tut er nicht“, erklärte Hasard junior prompt.

      „Wieso nicht?“

      „Weil uns Mister O’Flynn gesehen hat, als wir ins Beiboot abzischten“, erwiderte Philip junior. Er hatte es zur Zeit wohl mit dem Zischen. „Mister O’Flynn senior, Sir.“

      „Der hat das nicht verhindert?“ knurrte Vater Hasard.

      „Nein, er hat uns zugelächelt, als wir abzischten“, sagte Philip junior.

      Dan O’Flynn konnte nicht mehr und prustete los. Auch Hasards wütender Blick hielt ihn nicht davon ab.

      „Ich wüßte nicht, was es da zu lachen gibt, Mister O’Flynn“, sagte Hasard gereizt und sehr förmlich. „Ist das vielleicht eine Erziehung? Dein Vater hätte die beiden Lümmel sofort stoppen müssen, bevor sie abzisch … äh, abenterten.“

      „Das sehe ich anders, Sir“, sagte Dan O’Flynn, und er hatte Mühe, wieder ernst zu werden.

      „Ah ja? Dürfte ich darüber vielleicht Näheres erfahren?“

      „Wenn’s sein muß. Mein Neffe Hasard hat recht, wenn er sagt, daß du sie nie aussuchst, wenn du nach Freiwilligen fragst, die für irgendein Unternehmen gebraucht werden.“

      „Dafür habe ich meine Gründe. Ich will nicht, daß sie Kopf und Kragen riskieren.“

      „Richtig.“ Dan nickte. „Und jetzt segeln wir bei ein bißchen Nebel


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